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Alle (außer)gewöhnlich
Alle behindert!
Ab 7 Jahren
Inklusion wird aber nicht
nur durch die Darstellung
von Kindern mit Einschränkungen
und Behinderungen
anhand von Figuren
gefördert, sondern auch
durch eine möglichst
niedrige Schwelle, was
den Anspruch an die
Lesefähigkeiten der Kinder angeht. Das
barrierefreie Kinderbuch „Die Bunte Bande – Das gestohlene
Fahrrad“ der Aktion Mensch bietet kleinen
Leseratten und denen die es noch werden wollen,
einen leichten Einstieg ins Lesen. Anhand von verschiedenen
Schwierigkeitsstufen haben die Kinder
die Möglichkeit, entsprechend ihren Fähigkeiten die
gleiche Geschichte zu verfolgen.
VERLAG CARLSEN
AUTORIN CORINNA FUCHS
ILLUSTRATOREN ULI VELTE UND IGOR DOLINGER
ISBN 978-3-95470-217-6
Inklusive Kinderbücher
lesen
Die meisten Kinderbücher richten
sich, wie sollte es auch anders sein,
an die große Masse der Eltern
und Kinder. Doch leider sind in
den Geschichten jene Kinder
oft unterrepräsentiert, die
besondere Bedürfnisse und
Einschränkungen haben. Mit
dem Beginn der Inklusion an
allgemeinbildenden Schulen
und dem Ende der Ausgrenzung
wird nun auch in Kinderbüchern
die tatsächliche Lebenswelt dieser
Kinder thematisiert – und die ist alles
andere als gewöhnlich.
Inklusive Kinderbücher sind nicht nur für
Kinder gedacht, die selbst von Einschränkungen
betroffen sind, sondern
für alle Kinder und ihre Eltern.
Die Geschichten schulen
die empathischen Fähigkeiten
und bauen Berührungsängste
ab. Sie fördern Wertschätzung
und Respekt und
zeigen Kindern, wie sie gewisse
Situation im Umgang miteinander
meistern können. Die
Kinder lesen nicht nur spannende Geschichten,
sondern lernen gleichzeitig etwas über
sich selbst und den Umgang mit anderen.
Mein Bruder und ich und das ganze Universum
Ab 11 Jahren
Der Debütroman der englischen Kinderbuchautorin Katya Balen
handelt von den Geschwistern Frank und Max und ihren Eltern.
Aus der Perspektive des zehnjährigen Franks erlebt der Leser in
einer Art Tagebuch ein Jahr lang den Alltag der Familie mit. Frank
ist eine Mathegenie und genau wie seine Mutter künstlerisch begabt.
Sein kleiner Bruder Max ist fünf und hat eine autistische
Störung. Er trägt noch Windeln, kann kaum sprechen und hat regelmäßige
Aussetzer. „Und dann sind es einfach zu viele Worte
und Max hat seinen Meltdown. Ich weiß auch nicht, warum das
alle immer »Meltdown« nennen. Auf Deutsch heißt das »Kernschmelze
«, was eigentlich unlogisch ist, denn wenn etwas schmilzt, wird
es weich und läuft zu einer Pfütze zusammen, aber wenn Max schmilzt, wird er das Härteste,
was es gibt auf der Welt, und man denkt, gleich sprengt er sich sämtliche Knochen
aus dem Körper.“ Frank schämt sich oft für die Ausfälle von Max und schämt sich gleichzeitig
dafür, dass er sich schämt.
Frank ist ein sogenanntes Schattenkind, da der Großteil der Aufmerksamkeit seiner Eltern,
nötigerweise dem kleinen Bruder zu Teil wird. Dadurch fristen auch die Eltern ein Schattendasein,
da alles hinter der Störung von Max zurückstehen muss. Trotz aller Höhen und
Tiefen finden die Kinder immer Trost bei ihrer Mutter. Gerade deshalb trifft es die kleine
Familie äußerst hart, als ein tragisches Ereignis sie ereilt. Das Buch zeigt, wie wichtig es ist
trotz aller Umstände zusammenzuhalten, füreinander da zu sein – und auch die kleinen und
großen »Ticks« zu ertragen und vielleicht sogar lieben zu lernen.
Die Autorin Katya Balen hatte sich auf das Erzählen für autistische Kinder spezialisiert und
ist in einer Organisation tätig, die es nicht-neurotypischen Personen ermöglicht, kreativ
zu arbeiten. Um Kinder sprachlich zu bilden, ist dieses Buch eher nicht das richtige. Doch
es vermittelt ein anschauliches Bild der Probleme und Sorgen einer Familie mit einem
autistischen Kind. Es sensibilisiert für das Thema Autismus und schafft Verständnis und
Mitgefühl, um andere besser zu verstehen, die in solch einer Situation leben.
Aufgrund der bedrückenden Stimmung, die dieses Buch in weiten Teilen ausmacht, ist es
empfehlenswert, dass Eltern es gemeinsam mit ihrem Kind lesen, um es mit seinen Eindrücken
und Fragen nicht alleine zu lassen um das Gelesene zu diskutieren und verarbeiten
zu können.
VERLAG CARLSEN
AUTORIN KATYA BALEN
ÜBERSETZERIN ANNETTE VON DER WEPPEN
ISBN 978-355-155761-2
Ab 5 Jahren
In dem Buch »Alle behindert!
« von Horst Klein und
Monika Osberghaus werden
in Form eines Freundschaftsbuches
Kinder mit
verschiedenen Auffälligkeiten,
anhand von kindlich
unbedarften Fragen,
vorgestellt. Die Fragen
drehen sich darum, was die einzelnen Kinder mögen
und was nicht und worauf man beim Umgang mit ihnen
achten sollte.
Hierbei bedienen sich die Autoren auf den ersten
Blick stereotypischen Vorstellungen, die sie zu Beginn
des Buchprojekts mit behinderten Kindern und deren
Eltern gemeinsam erarbeitet. Neben Behinderungen
wie Trisomie 21, Muskelschwäche, Autismus und andere
mehr, werden auch Rüpelhaftigkeit, Spielsucht
oder Überbehütung durch die Eltern als Behinderung
dargestellt. Somit reihen sich weitere Auffälligkeiten
die in erster Linie keine »klassischen« Behinderungen
sind, in den Kanon ein. Ein Beleg dafür, dass jeder
seine Besonderheiten hat und wir alle irgendwie ein
bisschen behindert sind.
VERLAG KLETT KINDERBUCH
AUTOREN MONIKA OSBERGHAUS, HORST KLEIN
ILLUSTRATOR HORST KLEIN
ISBN 978-3-95470-217-6
Die bunte Bande –
das gestohlene Fahrrad