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Bilder: Tatyana Vyc shutterstock.com (Fotogalerie), PassStudio (Portrait Anna Schimke)
gesellschaft
Wir sprechen mit Anna Schimke. Sie ist Wissenschaftliche
Mitarbeiterin an der Fakultät
für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg.
Sie beschäftigt sich mit Digitalisierung und
den daraus entstehenden Rechtsfragen. Im Interview
erklärt die Rechtswissenschaftlerin, worauf Eltern
beim Posten von Kinderfotos achten müssen
und wie sie die Rechte des eigenen Kindes wahren.
Was müssen Eltern beachten, wenn sie Fotos
ihrer Kinder im Internet hochladen?
Wenn Eltern Fotos ihrer Kinder im Netz veröffentlichen,
müssen sie sich klar machen, dass das nicht
ihre private Angelegenheit ist. Sie bewegen sich in
einem sozialen Raum, in welchem dem Kind bestimmte
Rechte zustehen, die auch den Eltern gegenüber
gelten. Zu diesen Rechten gehören: Das
Recht am eigenen Bild, also die Befugnis, grundsätz
lich selber darüber entscheiden zu dürfen, ob und
wo ein Bild veröffentlicht wird. Das Recht auf Privatsphäre,
das heißt der Schutz eines Raumes, in den
man sich zurückziehen und »man selbst« sein kann,
sowie ein Schutz davor, nicht ohne Einverständnis in
Situationen dargestellt zu werden, die typischerweise
als privat gelten. Hinzu kommt das Recht auf Persönlichkeitswerdung:
Kinder sollen die Möglichkeit
haben, eine eigene soziale Persönlichkeit aufzubauen.
Deshalb ist es wichtig, dass ihnen in sozialen Beziehungen
Raum zur Selbstdefinition gelassen wird.
Kinder werden also per Gesetz vor Fremdfestlegungen
ihres sozialen Persönlichkeitsbildes in der Öffentlichkeit
geschützt.
Eine Fotoveröffentlichung ist deshalb nur rechtmäßig,
wenn diese Rechte gewahrt werden. Das ist unter
anderem dann der Fall, wenn eine Einwilligung
vorliegt, durch die die konkrete Fotoveröffentlichung
erlaubt wird. Eine Einwilligung kann wirksam angeben,
wer einsichtsfähig ist. Die Einsichtsfähigkeit
hängt vom Einzelfall ab. Bei Babies und Kleinkindern
besteht sie in der Regel nicht. Sofern die Einsichtsfähigkeit
nicht besteht, müssen sie vertreten werden.
Normalerweise vertreten die Eltern ihre Kinder in
den Fällen, wo eine Einwilligung abgegeben werden
muss und die Kinder nicht einsichtsfähig sind. Das
gilt zum Beispiel dann, wenn eine Schule anfragt, ob
ein Foto veröffentlicht werden kann. Das Recht geht
davon aus, dass die Eltern sich hier schützend vor ihre
Kinder stellen und die Einwilligung unter Berücksichtigung
des Willens und der Interessen des Kindes
erteilen oder verweigern. Wenn die Eltern jetzt
aber selbst ein Foto veröffentlichen wollen, entsteht
ein Konflikt: Sie sind einerseits durch ihr Publikationsinteresse
Gefährder der Rechte des Kindes und andererseits
sollen sie die Rechte schützen, indem sie
für die Einwilligung zuständig sind. Das Recht sieht
diese Interessenkollision und sieht in ihr die abstrakte
Gefahr, dass die Eltern gegen den Willen und die
Interessen ihres Kindes entscheiden könnten. Deshalb
schließt das Recht hier ganz generell und unabhängig
vom Einzelfall die Eltern von der Vertretung
aus. Sie können also nicht wirksam in ihre eigene
Publikation von Kinderfotos einwilligen. Die derzeit
einzige Möglichkeit, wie Eltern die Fotos rechtmäßig
veröffentlichen können, besteht dann darin, dass ein
Das Recht am
eigenen Bild
Kinderfotos in sozialen Netzwerken
Interview mit Rechtswissenschaftlerin
Anna Schimke