GÜLLE IST GIFT
FÜR DIE OSTSEE
Greenpeace-Messtour mit der Beluga II 2018/2019 –
Verlust der Artenvielfalt durch Überdüngung
Die Eutrophierung (Überdüngung) verdrängt an
niedrige Nährstoffkonzentrationen angepasste
Arten. Algen und Cyanobakterien können sich
dagegen stark vermehren. Der mikrobielle Abbau
der Biomasse verbraucht Sauerstoff und
der Sauerstoffmangel führt vor allem in größeren
Tiefen zu sogenannten toten Zonen, in
denen das marine Leben in Nord- und Ostsee
regional abstirbt. Einige Blaualgen können außerdem
Giftstoffe bilden, die das Baden in betroffenen
Gewässern zur Gefahr machen. Die
Eutrophierung stellt eines der größten Probleme
der Ostsee dar, das sich im Zuge der Erderhitzung
noch verschärfen wird. Steigende Wassertemperaturen
führen zu einer geringeren
maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität des
Wassers und unterstützen die Eutrophierungseffekte,
indem die Phase der biologischen Produktion
im Jahresverlauf verlängert wird und so
z.B. die Algenblüte früher im Jahr stattfindet.
Deshalb ist es nach Einschätzung von Wissenschaftlern
dringend geboten, die im „Baltic Sea
Action Plan“ von den Ostseeanrainerstaaten
beschlossenen Maßnahmen konsequent umzusetzen
und den Eintrag von Nährstoffen in die
Ostsee deutlich zu reduzieren.
Bislang würden die Beschlüsse nur schleppend
umgesetzt, merken die Experten des Instituts
für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) in einer
kürzlich veröffentlichten Erklärung an. Dabei
mehren sich in der Wissenschaft die Stimmen,
die angesichts der sich verschärfenden
Klimakrise eine höhere Reduktionsrate der
Nährstoffe fordern. Während die großen Senken
der offenen Ostsee zu den am besten untersuchten
Gebieten der Welt gehören und relativ
genaue Aussagen über die Ursachen der
Eutrophierung und den ökologischen Zustand
getroffen werden können, liegen bislang wenige
Daten zur Belastung der Küstengebiete durch
erhöhte Nährstoffkonzentrationen vor.
Greenpeace hat bereits im Frühjahr und Sommer
2018 in umfangreichen Untersuchungen
Belastungen durch Nährstoffkonzentrationen
sowie multiresistente Keime, Pestizide und
Tierarzneimittel in europäischen und deutschen
Flüssen, Seen und Bächen nachgewiesen. Während
einer Messtour im Sommer 2018 wurden
Proben aus Oberflächengewässern in Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und Nordrhein-
Westfalenuntersucht. Die Proben waren von
Unterstützern entnommen worden und wurden
von Greenpeace vor Ort analysiert. Die Untersuchungen
werden ergänzt durch Untersuchungen
der in diesem Report beschriebenen
Schiffs-Messtour auf der Ostsee vor den Küs-
Die Belastung der Oberflächengewässer mit Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor aus
Gülle und anderen Düngemitteln gefährdet nicht nur die Qualität des Trinkwassers, sondern
auch die Artenvielfalt in Seen, Flüssen und Meeren, insbesondere in den Küstengebieten.
Stickstoff und Phosphat wirken als Pflanzennährstoff. Sie verändern Flora und Fauna
und können in Nord- und Ostsee zu massenhaften Algenblüten und in der Folge zu Sauerstoffentzug
führen. Die Veränderung des natürlichen Stickstoff- und Phosphorkreislaufs
durch moderne industrielle Agrarpraktiken kann unser Planet nicht verkraften.
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