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Die Lust am Unterdrücken

Die Lust am Unterdrücken
Foto: Prazis Images / Shutterstock.com

Häufiger, als wir glauben möchten, leben Machthaber mit unverständlichen Verhaltensweisen schlicht ihren Sadismus aus.

von Christian Kreiß

Man soll nicht von sich auf andere schließen. Da die meisten von uns ihren Mitmenschen nicht gern etwas verbieten, sie nicht gern knechten und drangsalieren, nehmen wir an, bei Politikern verhielte sich dies ebenso. Wenn diese — wie es in Corona-Zeiten geschieht — mit Maskenzwang, Kontaktverboten und harten Strafen für normales menschliches Verhalten Millionen von Menschen über Monate quälen, denken unbedarfte Bürger, dafür gäbe es nur eine plausible Erklärung: Besagte Staatenlenker hätten für ihr Verhalten vernünftige Gründe, sie seien ernsthaft um unsere Gesundheit besorgt. Gerade diese Naivität spielt jedoch einem alten Bekannten unseres Autors Christian Kreiß in die Hände: Mephisto, diesem „Geist, der stets verneint“, der die Menschen zu Fehlwahrnehmungen und der Verdrehung der Wahrheit verführt. Weitaus häufiger, als die meisten annehmen, sind Machtgier und die Lust am Quälen geheime Ursachen für das beobachtbare Fehlverhalten von Obrigkeiten. Umgekehrt: Der Wunsch, sich Machtpositionen zu erobern, kann seinen Urprung in uneingestandenem Sadismus haben.

Wer hat das schon mal erlebt: ein Chef, seltener eine Chefin, oder ein Vorgesetzter, der einen „rundmacht“, herunterputzt, anschreit, lauthals schimpft, seine Wut oder Dampf ablässt? Ich selbst habe das oft erlebt. Es gibt unzählige Schilderungen von Betroffenen dazu. Vor allem in Konzernen und Unternehmen, aber auch im Militär und anderen straff organisierten Großorganisationen habe ich den Eindruck, ist das durchaus verbreitet.

Aber nicht nur im Berufsleben gibt es das. Machtpositionen scheinen häufig das Tor zu aggressiven Gefühlen zu öffnen. Die Geschichte ist voll von Tyrannen, Diktatoren, Usurpatoren oder Machtmenschen, die oft grausame Herrschermethoden anwenden, von Einsperren, Enthaupten, Erschießen über Misshandlungen aller Art von Untergebenen, sowohl eigene Untertanen wie erst recht von Gefangenen, Feinden oder Andersdenkenden. Manchmal wurde auch einfach der Überbringer von schlechten Nachrichten kurzerhand einen Kopf kürzer gemacht. Das gilt nicht nur für weit zurückliegende Zeiten, sondern durchaus auch für die jüngere und jüngste Geschichte. Von Nero über Napoleon, Mussolini, Hitler, Stalin, Mao bis Pinochet oder Pol Pot wissen viele Milliarden Menschen ein trauriges Lied davon zu singen.

Auch in anderen Lebensbereichen, im tagtäglichen Leben existiert es. Ich hatte zwei Lateinlehrer. Der eine schrie immer wieder in der Klasse herum, ließ Liegestützen und Kniebeugen machen und hatte ganz offensichtlich seine Freude an seinen tyrannischen Auslassungen. Ein paar sensible Mädchen hielten das nicht aus und fielen wegen Latein durch. Der andere Lateinlehrer hatte einen stark sadistischen Hang, verteilte mit süffisantem Grinsen und großer Freude die schlechten Noten und kündigte im Voraus an, wer am Schuljahresende durchfallen werde. Das kam auch tatsächlich so. Also auch manche Lehrer, die ja in Machtpositionen gegenüber Schülern sind, haben und leben manchmal eine sadistische Ader.

Was ich damit sagen will:

Mit der Macht, mit Machtpositionen scheint häufig die Lust am schlechten Behandeln anderer Menschen, an Unterdrücken, an Sadismus, am Schaden-Wollen anderer, Hand in Hand zu gehen.

Ich gehe aber davon aus, dass es vermutlich vor allem andersherum gilt: Machtmenschen haben häufig einen starken Instinkt oder Trieb zu Unterdrückung, Sadismus, zum Schaden-Wollen, zum Böses-Tun und sie versuchen daher, in Machtpositionen zu kommen, um diesen Trieb auszuleben.

Und hier komme ich zu meinem eigentlichen Thema. Die allermeisten Menschen glauben, dass schädliche Motive, der aktive oder bewusste Wille zum Schaden, mephistophelische Regungen, nicht sehr weit verbreitet sind. Das mag für die meisten Menschen stimmen. Aber für manche Personenkreise stimmt es ganz gewiss nicht. Insbesondere unseren Politikern unterstellt man normalerweise keinen Willen zum Bösen, keinen Willen zu Schaden.

Das ist jedoch in meinen Augen reichlich naiv. Nur weil man etwas nicht sehen oder nicht wahrhaben will, heißt das noch lange nicht, dass es auch tatsächlich nicht vorhanden ist. Im Gegenteil. Je mehr wir von unangenehmen Dingen wegschauen und Vogel-Strauß-Verhalten praktizieren, desto stärker wird die Tür geöffnet für Schaden-zufügen-wollende Politik. Und genau das geschieht meiner Einschätzung nach heute tatsächlich in nicht unbeträchtlichem Umfang.

Dieser Blick auf die Geschehnisse kann so manches erklären, was sonst geradezu unbegreiflich erscheint. Seit Beginn der Lockdowns letztes Jahr im Frühjahr sind Dinge geschehen, die einem bei Betrachtung mit gesundem Menschenverstand einfach unbegreiflich sind. Schaut man mit der Brille eines Advocatus Diaboli auf die jüngeren politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, so werden einem plötzlich Zusammenhänge klar, die man vorher für unmöglich hielt.

Ein Beispiel: Kinder werden vor der Schule mit Schnelltests untersucht, ob sie Corona-Viren haben. Falls sie laut Test welche haben, werden sie nach Hause geschickt. Falls sie Corona-Viren-frei sind, dürfen sie in der Schule bleiben. Nun sollte man meinen, dass negativ getestete Kinder gesund, nicht ansteckend und daher keine Gefahr für die Ausbreitung von Corona darstellen. Es gibt also objektiv keinen Grund, weshalb sie nun Masken tragen sollten. Trotzdem wird genau dies angeordnet. Was ist das Motiv für eine solche Anordnung? Vorsicht? Das ist wissenschaftlich nicht haltbar. Die Maßnahme ist medizinisch vollkommen sinnlos.

In meinen Augen könnte es ein sehr viel näherliegendes Motiv geben: Sich-Toll-Finden, gepaart mit bewusstem oder unbewusstem Sadismus, Machtausübung, Klein-Machen Anderer, Wehrloser, Lust an Unterdrückung, an Leid zufügen, um die eigene Macht zu genießen, um sich emporzuheben.

Ein anderes Beispiel. Am 18. April 2021 erschien die vermutlich umfassendste wissenschaftliche Studie zu Todesfällen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland seit 17. März 2020. Verfasser sind die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH). Darin heißt es:

„Die nun seit Beginn der Pandemie gemachte Beobachtung, dass von den schätzungsweise 14 Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland nur etwa 1200 mit einer SARS-CoV-2-Infektion im Krankenhaus (< 0,01%) behandelt werden mussten und 4 an ihrer Infektion verstarben (< 0.00002%), sollte Anlass sein, Eltern übergroße Sorgen vor einem schweren Krankheitsverlauf bei ihren Kindern zu nehmen. In der Saison 2018/19 wurde nach Angaben des RKI insgesamt 7641 Kinder unter 14 Jahren mit Influenza als hospitalisiert gemeldet, 9 Kinder verstarben. Nach Angaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur lag im Jahr 2019 die Zahl der durch einen Verkehrsunfall getöteten Kinder bei 55, nach Angaben der DLRG die Zahl der ertrunkenen Kinder bei 25“ (1).

Fassen wir zusammen: An Covid starben in den letzten 13 Monaten insgesamt 4 Kinder und Jugendliche, an der letzten Grippewelle 9, bei Verkehrsunfällen 55 und ertrunken sind 25. Eltern sollte die übergroße Sorge vor Covid genommen werden, da das Virus für Kinder und Jugendliche einfach nicht wirklich gefährlich ist. Die letzte Grippewelle war also mehr als doppelt so gefährlich für Kinder wie Covid. Trotzdem hat man seinerzeit nicht sämtliche deutschen Schulen geschlossen.

Die Studie fährt fort:

„Die weiterhin bestehende extreme Seltenheit eines schweren oder gar tödlichen Verlaufes von SARS-CoV-2 bei Kindern und Jugendlichen ist nicht geeignet, als Argument für Schul- und Kita-Schließungen benutzt zu werden. Nur die verbleibende Behauptung, dass zwischen den Infektionen bei Kindern und Jugendlichen und der Überlastung der Intensivstationen und den schweren und tödlichen Verläufen der älteren Erwachsenen ein Zusammenhang bestehe, könnte Kita- und Schulschließungen rechtfertigen. Daten, die diese These bestätigen, fehlen allerdings“ (1).

Kurz: Es gibt laut DGPI und DGKH keinen objektiv wissenschaftlich-medizinischen Grund für Kita- und Schulschließungen. Das ist das Ergebnis der vermutlich umfassendsten wissenschaftlichen Studie zu den Auswirkungen von Covid auf Kinder und Jugendliche.

Drei Tage später, am 21. April 2021 sagte die Regierung Söder zu den fortbestehenden Schulschließungen in Bayern: „Das sind wir der Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler schuldig“ (2). Das ist eine objektiv unwahre Aussage und meines Erachtens eine Lüge der bayerischen Staatsregierung. Denn ohne eine solche Verdrehung der Tatsachen durch die Regierung Söder gäbe es keinen nachvollziehbaren Grund mehr für Schulschließungen.

Bei vielen politischen Maßnahmen der jüngsten Zeit geht es meiner Einschätzung nach nicht mehr um das Wohl der Menschen, sondern um Brechen von Widerstand, um Lustgewinn aus Machterhöhung, Glücksgefühle gewinnen aus dem Runtermachen Anderer, Wehrloser, Glücksgefühle durch Machterhöhung, Sich-Weiden an der Angst anderer, wie wir es aus der Geschichte der Tyrannen lernen können.

Friedrich Nietzsche bringt dieses Motiv von Machtmenschen gut auf den Punkt. Er schreibt in seinem Spätwerk, dem Antichrist — Fluch auf das Christentum:

„Was ist gut? — Alles, was das Gefühl der Macht, den Willen zur Macht, die Macht selbst im Menschen erhöht. (…) Was ist Glück? — Das Gefühl davon, dass die Macht wächst, dass ein Widerstand überwunden wird.“

Wendet man dieses nietzschesche Handlungsmotiv zur Analyse an, so kann man manche politischen Maßnahmen der jüngeren Zeit, die objektiv wissenschaftlich oder mit gesundem Menschenverstand betrachtet keinen Sinn machen, plötzlich verstehen. Wenn man einmal von der Annahme ausgeht, dass es den Politikern und Entscheidungsträgeren weniger darum geht, Menschenleben zu retten oder das Glück, das Wohlbefinden der Allgemeinheit oder von Kindern zu fördern, sondern einfach das Gegenteil annimmt: Politik für eine kleine Elite, gepaart mit dem bewussten oder unbewussten Willen zur Unterdrückung großer Bevölkerungsteile, wie es bei vielen Usurpatoren in der Geschichte selbstverständlich war, — dann machen einige dieser Maßnahmen plötzlich Sinn, wenn auch einen grauenvollen.

Unsere ganzen so genannten Corona-Verhinderungsmaßnahmen wimmeln von Maßnahmen, bei denen Vernunft und Wissenschaft in großem Ausmaß mit Füßen getreten werden, wenn man unterstellt, dass durch sie wirklich Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen gefördert werden sollen. Das werden sie nämlich nicht, im Gegenteil. Noch ein paar Beispiele, bei denen alle Logik mit Füßen getreten wird:

  • Nach der Rückkehr aus Costa Rica musste man Anfang April 2021 mindestens fünf Tage in Quarantäne, obwohl die Neuinfektionen pro eine Million Einwohner dort weniger als halb so hoch sind wie in Deutschland. Vor dem Flug muss man einen Corona-Test machen, sonst darf man nicht mitfliegen. Ist man nachgewiesenermaßen negativ, so sitzen alle diese Nicht-Infizierten mit FFP2- oder medizinischen Masken im Flugzeug und müssen hinterher mindesten 5 Tage in Quarantäne. Wie soll man sich das anders erklären als mit Schikane? Und dadurch Abschrecken-Wollen von Auslandsreisen?
  • Der Gesundheitsminister sagt, dass es ein Fehler war, den Einzelhandel zu schließen, dass das nicht wieder passieren werde … und ein paar Monate später wird der Einzelhandel wieder geschlossen.
  • Die Kanzlerin erklärt im November einen „Lockdown light“ für zwei Wochen — dann wird er von Monat zu Monat schlimmer und dauert über vier Monate.
  • Die Kanzlerin erklärt im Oktober, dass uns vier schwere Monate bevorstehen und im März sagt sie das Gleiche wieder.
  • Die Kanzlerin sagt: „Corona ist und bleibt also eine Gefahr für jede und jeden von uns.“ Dem widersprechen sämtliche Krankheits- und Mortalitätsstatistiken.
  • Der Staatsvirologe sagt, dass Masken gegen die Pandemie nichts nützen und ein halbes Jahr später tragen sie selbst Kinder im Unterricht und im Freien.
  • Im Freien auf einer Bank sitzen ist verboten (Nordrhein-Westfalen).
  • „In der Sonne sitzen ist verboten“ (Aussage eines bayerischen Polizisten Ende März 2020).
  • Wenn man bei der Impfung Begleiterscheinungen hat, ist es ein Zeichen dafür, dass sie wirkt.
  • Wenn man bei der Impfung keine Begleiterscheinungen hat, ist es ein Zeichen dafür, dass sie gut verträglich ist.

Die Liste könnte fast beliebig verlängert werden. Argumente werden so hingebogen, wie man sie braucht. Vernunft und Wissenschaft werden beliebig gebeugt. Der gesunde Menschenverstand wird systematisch ausgeschaltet. Ein gesellschaftlicher oder wissenschaftlicher Diskurs über Vor- und Nachteile von Corona-Maßnahmen findet nicht statt. Kritische Meinungen werden diskreditiert. Das erinnert mich sehr an einen Ausspruch von Mephisto in Goethes Faust:

„Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Laß nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab ich dich schon unbedingt.“

Es hat ganz den Anschein, als wäre ein großer Teil unserer Corona-Politik hiervon inspiriert und als hätte Mephisto uns schon unbedingt. Auch einen zweiten Mephisto-Ausspruch finde ich sehr vielsagend:

„So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.“

Wenn man diese mephistophelische Aussage als Motiv unterstellt, beginnen die oben geschilderten Staatszwangsmaßnahmen sofort Sinn zu machen. Also wenn man bei den Beeinflussern, Entscheidern und Politikern etwas vollkommen Anderes unterstellt: Bewusste oder unbewusste Lust an Machtausübung, am Klein-Machen Anderer, Lust an Unterdrückung, an Angst anderer, um die eigene Macht zu genießen und zu erhöhen, dann machen plötzlich all die freiheitsberaubenden Zwangsmaßnahmen seit März 2020 Sinn, wenn auch einen schlimmen.

Aber die allermeisten Menschen wollen nicht glauben und nicht wahrhaben, dass häufig auch einfach böser Wille mitregiert. Da haben die früheren DDR-BürgerInnen den früheren Wessis einiges voraus.

Sie haben am eigenen Leibe erlebt, dass die Politiker sie unterdrücken wollten, ihnen schaden wollten, sie drangsalieren wollten, sie in Angst halten wollten, ihnen die Freiheit rauben wollten. Viele haben aus ihrer schmerzhaften Geschichte gelernt. Sie trauen ihrer Obrigkeit nicht viel Gutes zu. Wir sollten aus der DDR-Geschichte lernen.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://dgpi.de/stellungnahme-dgpi-dgkh-hospitalisierung-und-sterblichkeit-von-covid-19-bei-kindern-in-deutschland-18-04-2021/, Hervorhebung durch den Autor. Am 21. April wurde eine leicht korrigierte Version ins Internet gestellt.
(2) https://www.merkur.de/bayern/corona-bayern-notbremse-regceln-schulen-inzidenz-soeder-bund-laender-verschaerfung-zr-90468994.html

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