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Sauerstoff als Lebensretter
Professor Dr. Dieter Ukena über die Behandlung von Corona-Kranken
Lungenexperte im Klinikum Bremen-Ost: Prof. Dr. Dieter Ukena
Infektionen mit dem Corona-Virus überstehen viele Menschen
mit nur leichten Symptomen. Aber vor allem Ältere
und Vorbelastete können schwer an Lungenentzündung und
Lungenversagen erkranken – und daran sterben. Wie diese
Patienten medizinisch behandelt werden, erklärt Prof. Dr.
Dieter Ukena, Chefarzt am Klinikum Bremen-Ost.
Interview: Jörn Hons, Pressesprecher
der AOK Bremen/Bremerhaven.
Was ist aus Ihrer Sicht als Lungenexperte das Gefährliche
an der Corona- oder Covid-19-Erkrankung?
Ukena: Das ist bei Covid-19-Patienten die schwere Lungenentzündung,
die zum akuten Lungenversagen führen kann – dann
wird eine künstliche Beatmung notwendig. Außerdem können
weitere Komplikationen wie eine Sepsis (Blutvergiftung) oder
ein septischer Schock auftreten, die zum Tode führen. Bei einer
Sepsis schädigt die körpereigene Abwehrreaktion die eigenen
Gewebe und Organe.
Offenbar reagieren Patienten sehr unterschiedlich auf
eine Corona-Virus-Infektion. 80 Prozent der Infizierten
haben nur milde Symptome. Bei bis zu fünf Prozent gibt
es sehr schwere, intensivmedizinisch zu behandelnde
Krankheitsverläufe. Wie erklären Sie sich, dass dabei vor
allem ältere Menschen besonders gefährdet sind?
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Ukena: Tatsächlich steigt das Risiko einer schweren Erkrankung
ab dem Alter von 50 bis 60 Jahren stetig an. Vor allem Menschen
über 80 Jahre haben eine Sterblichkeit von über 15 Prozent. Unabhängig
vom Alter erhöhen aber verschiedene Grunderkrankungen
wie chronische Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen,
Diabetes mellitus, Krebserkrankungen und
Krankheiten mit abgeschwächtem Immunsystem das Risiko für
einen schweren Verlauf. Das fassen wir unter „Multimorbidität“
zusammen. Weil Covid-19-Patienten im höheren Lebensalter
häufig an einer ausgeprägten Multimorbidität leiden, ist dann
oft nicht klar, ob sie mit dem Sars-CoV-2-Virus oder durch das
Sars-CoV-2-Virus gestorben sind.
Wie wird die Lungenfunktion genau beeinträchtigt?
Ukena: Der sehr schwere Verlauf einer Covid-19-Infektion ist
mit einem sogenannten Zytokin-Sturm verbunden. Zytokine
sind Proteine, die eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Man
nimmt an, dass ältere Menschen aufgrund der abnehmenden
Leistungsfähigkeit im Alter nicht mehr so gut in der Lage sind,
diese intensive Entzündungsreaktion zu beherrschen. Durch
das zunehmende Lungenversagen wird die Sauerstoffaufnahme
im Blut so kritisch verringert, dass andere Organe wie Herz
oder Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt
werden – sie versagen. Bei einer Covid-19-Infektion tritt eine
Lungenentzündung nach 6 bis 8 Tagen auf, und sie dauert dann
etwa 10 bis 14 Tage.
Bilder: Carsten Heidmann (Portrait), khaleddesigner shutterstock.com (Hintergrundgrafik)
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