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Traditionelle Familienformen wie das Mutter
Vater-Kind-Modell scheinen überholt
zu sein. Aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung
geht hervor, dass 2,2 Millionen Kinder in
Deutschland von nur einem Elternteil großgezogen
werden – Tendenz steigend. Ein solcher
Trend macht Maßnahmen der Kommunen erforderlich,
um die kleinen Familien – so gut es
geht – zu unterstützen. Bei den vielen verschiedenen
Angeboten stehen vor allem finanzielle
Hilfen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
im Vordergrund. Laut einer Umfrage der
Arbeitnehmerkammer Bremen werden diese
Beihilfen und Förderungen allerdings nicht
immer in Anspruch genommen, da Alleinerziehende
diese mangels Informationen und Zeit
gar nicht wahrnehmen können.
In 2017 gab es 14.300 Alleinerziehende mit Kindern
unter 18 Jahren in Bremen und Bremerhaven.
Zum größten Teil (90 %) handelt es sich dabei
um Frauen. Etwas mehr als die Hälfte der
alleinerziehenden Eltern im Land Bremen sind
auf Grundsicherungsleistungen angewiesen. Besonders
die alleinerziehenden Frauen sehen sich
einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt, schreibt
die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung
der Gleichberechtigung der Frau.
In der Umfrage der Arbeitnehmerkammer Bremen
mit dem Titel »Alleinerziehend – Ein Kaleidoskop
www.basta-magazin.de
von Lebens- und Arbeitssituationen« wurden
1.300 Alleinerziehende aus dem Land Bremen, die
im Leistungsbezug sind, zu ihrer aktuellen Situation
befragt. Dabei ging es vor allem um existenzielle
Fragen zu den Themen Arbeit, Gesundheit, Kindesbetreuung
und Grundsicherung. Am Ende des
Fragebogens konnten die Alleinerziehenden jeweils
drei Wünsche zu den oben genannten Themen
an die Politik richten. Das Ergebnis: Viele fühlen
sich im Stich gelassen und wünschen sich mehr
Akzeptanz und Unterstützung.
Da Familien in vielen Fällen vom Einkommen eines
einzigen Elternteils abhängig sind, stehen
viele nach einer Trennung vom Partner alleine
da. Ausbleibende Unterhaltszahlungen erhöhen
den finanziellen Druck auf die Einelternfamilie.
71 Prozent der Befragten gaben an, keine Unterstützung
vom anderen Elternteil zu erhalten.
Hier schreitet der Staat ein und gibt alleinerziehenden
Eltern die Möglichkeit, einen Unterhaltsvorschuss
zu erhalten. Diesen können die Familien
bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres des
Kindes ohne zeitliche Einschränkung in Anspruch
nehmen. Für Alleinerziehende, deren Kinder zwischen
12 und 18 Jahre alt sind, bestehen allerdings
Voraussetzungen für den Bezug. So dürfen
die Eltern nicht auf Leistungen des SGB II angewiesen
sein oder müssen trotz des SGB II-Bezugs
mindestens 600 Euro brutto verdienen. Ab dem
1. Juli 2019 erhalten Eltern demnach einen Vorschuss,
beispielsweise von 150 Euro für ein Kind
im Alter von 0 bis 5 Jahren. Ab 2020 steigen diese
Beträge, die in der sogenannten »Düsseldorfer Tabelle
« festgelegt sind. Der Vorschuss deckt allerdings
nicht den vollen Umfang des Unterhalts. So
beträgt der Mindestunterhalt bei der genannten
Altersgruppe eigentlich 354 Euro, bei einem Nettoeinkommen
von 1.900 Euro des anderen Elternteils.
Laut der Arbeitnehmerkammer nehmen nur
44 % der Betroffenen den Unterhaltsvorschuss in
Anspruch. Esther Schröder, Referentin für Gleichstellungspolitik
bei der Arbeitnehmerkammer,
fordert deshalb mehr Unterstützung von staatlichen
Institutionen, wie Jugendämtern und Gerichten,
damit Alleinerziehende ihren Unterhaltsanspruch
durchsetzen können.
Um Alleinerziehende weiter finanziell zu entlasten,
können sie auch in Steuerfragen Unterstützung
erhalten. Seit 2015 können alleinerziehende
Eltern einen Entlastungsbetrag von 1.908
Euro in der Steuererklärung beantragen. Damit
bleiben den Familien vom Einkommen zusätzlich
159 Euro monatlich. Für jedes weitere Kind
erhöht sich dieser Betrag um 240 Euro. Der Entlastungsbetrag
kann von Müttern und Vätern
beantragt werden, die Anspruch auf Kindergeld
oder den Kinderfreibetrag haben, um die persönliche
Steuerlast zu senken.
Berufsqualifikation und Arbeit
Rund 8.400 Alleinerziehende mit Kindern unter
18 Jahren sind erwerbstätig. 6.000 davon arbeiteten
in Teilzeit. 3.465 Alleinerziehende sind arbeitslos.
Davon haben wiederum 70 Prozent keinen
Berufsabschluss. Laut der Befragung fehlt
vielen Alleinerziehenden eine berufliche Qualigesellschaft
Alleinerziehend –
allein gelassen?
Hilfen für Einelternfamilien
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