
Tanzen hält die grauen Zellen fit
Demenzverlauf positiv beeinflussen durch Bewegung
Warum nicht mal wieder schwofen gehen? Schließlich ist
Tanzen die ideale Kombination aus körperlichem und geistigem
Training und macht gute Laune. Zudem schulen Foxtrott,
Walzer, Tango, Salsa und Co. die Koordination und soziale
Kompetenz. Es gibt Hinweise aus Studien (www.academic.
oup.com/gerontologist/article/54/4/634/650429), dass sich
Tanzen sogar positiv auf Entwicklung und Verlauf einer Demenz
auswirken kann.
Wohin muss ich den nächsten Schritt setzen? Bin ich im Rhythmus
der Musik? Folgt mir meine Partnerin? Habe ich genug
Platz für die nächste Figur? Und wie ging die noch gleich? Beim
Tanzen kommt man ins Schwitzen, nicht nur wegen der Bewegung
oder der schwülen Luft im Tanzsaal. Denn Tanzen ist eine
komplexe Angelegenheit. „Die Verbindung von Bewegung, Berührung
und Musik trainiert das Gehirn wie kaum eine andere
Tätigkeit“, sagt Thomas Ebel, Arzt bei der AOK. Komplizierte
Figuren und Drehungen verlangen den Tänzerinnen und Tänzern
ein Höchstmaß an Konzentration ab. So schult Salsa, Foxtrott,
Swing und Co. nicht nur den Körper, sondern auch den
Geist. „Es gibt wissenschaftliche Anhaltspunkte, dass Tanzen einer
Demenz vorbeugen und im Frühstadium einer Demenz die
Gehirnleistung verbessern kann“, so Mediziner Ebel.
Ganzkörpertraining für den Menschen So hatten sich beispielsweise
bei einer Untersuchung (link.springer.com/article/
10.1007/s00058-015-1789-5) Aufmerksamkeit, Wachsamkeit,
Gleichgewicht und Flexibilität von Tänzerinnen und Tänzern
verbessert, bei den Fitnesssportlerinnen und -sportlern dagegen
nur die Wachsamkeit. Zudem fand sich nur im Blut der
Tänzerinnen und Tänzer ein Nervenwachstumsfaktor, was darauf
hindeutet, dass sich neue Nervenzellen gebildet haben. Natürlich
kommt neben dem Gehirn auch der Körper in Schwung,
wenn Menschen tanzen. „Tanzen ist ein gutes Ganzkörpertraining
für jeden Menschen und stärkt Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit“,
so Ebel weiter. Und das ohne Verletzungsgefahr -
solange man keinen Rock 'n' Roll mit Hebefiguren aufs Parkett
legt, wenn man gesundheitlich eingeschränkt ist. Bei körperlich
anstrengenden Tänzen wie Salsa, Jive oder Foxtrott werden zudem
viele Kalorien verbraucht. Gerade übergewichtigen Menschen
oder Menschen, die sich als unsportlich empfinden, kann
Tanzen positive Bewegungserfahrungen und damit ein besseres
Körpergefühl bescheren.
www.basta-magazin.de
TANZEN …
... bringt Herz und Kreislauf auf Touren
... stärkt die Seele
... schult Konzentration, Koordination und Balance
... fördert Gedächtnis und Kreativität
... verbrennt Kalorien
... schont die Gelenke
Besonderheiten beim argentinischen Tango Insbesondere
der argentinische Tango wurde untersucht. Im Gegensatz
zum europäischen Tango sind die Schrittfolgen nicht festgelegt,
sondern die Bewegungen werden zur Musik frei improvisiert.
Das erfordert eine enorme Aufmerksamkeit für den Partner/die
Partnerin und die Musik – zumal in der argentinischen Tangomusik
viele Rhythmus- und Geschwindigkeitswechsel vorkommen.
Diese Besonderheiten scheinen eine Erklärung dafür zu
sein, dass der argentinische Tango gerade bei Parkinson-Patienten
und -Patientinnen die Bewegungsfähigkeit verbessert. Sie
konnten besser auf einem Bein stehen oder sich um 360 Grad
drehen als die Vergleichsgruppe, die an speziellen Bewegungsübungen
für Parkinsonpatienten teilgenommen haben.
Auch im Vergleich zu Walzer oder Foxtrott schnitt das Tangotraining
bei Parkinson-Patienten und -Patientinnen besser ab.
Weil Tango besonders das Gleichgewicht schult, scheint der argentinische
Tanz auch geeignet zu sein, das Sturzrisiko bei älteren
Menschen zu senken, und zwar mehr als ein Gehtraining.
Tango wird oft in besonders enger Umarmung mit dem Partner
oder der Partnerin getanzt – für einige Psychotherapeutinnen
und -therapeuten deshalb eine gute Möglichkeit, mit Hilfe des
argentinischen Tanzes Beziehungs- oder andere Kommunikationsprobleme
(www.tango-für-senioren.de > Psychologie heute)
anzugehen.
Es ist nie zu spät Es ist übrigens nie zu spät, mit dem Tanzen
anzufangen. „Auch im höheren Alter kann man Neues lernen,
selbst wenn es etwas länger dauert“, sagt Ebel. „Denn auch im
Alter kann das Gehirn neue Verbindungen zwischen Nervenzellen
knüpfen.“ Schwofen ist sogar mit Rollator möglich. Im Bundesverband
für Seniorentanz e. V. werden Tanzanleiterinnen
und Tanzanleiter extra dafür ausgebildet, Tanzen mit der Gehhilfe
zu unterrichten. Oder eben im Sitzen, wie Angebote der
Deutschen Alzheimer Gesellschaft (www.deutsche-alzheimer.
de) und von Altenpflege-Einrichtungen beweisen. Im Sitzen
tanzen? Dann kann immer noch geschunkelt oder mit den Armen
gewedelt werden.
WEITERE INFORMATIONEN
Deutscher Tanzsportverband: www.tanzsport.de
Bilder: Tyler Olson shutterstock.com (Tanzen)
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