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fikation, was die Integration in den Arbeitsmarkt
erschwert. Aber auch wenn Mütter und Väter ohne
einen Abschluss Arbeit finden, verdienen sie
selten genug, um die Familie ohne fremde Hilfe
zu versorgen. Das ist besonders prekär für Alleinerziehende,
die oft schon mit Beruf und Familie
überlastet sind und denen der finanzielle Druck
das Leben zusätzlich erschwert. Dennoch gaben
die Alleinerziehenden an, unbedingt arbeiten zu
wollen – und das nicht nur, um finanziell unabhängig
zu sein, sondern vor allem, um den Kindern
ein gutes Vorbild zu sein.
Um Betroffenen in beruflichen Fragen zu beraten,
gibt es seit 2011 die Expertinnen für Alleinerziehende
(EFA) im Jobcenter Bremerhaven. Das
Team betreut Mütter und Väter, die auf der Suche
nach einem Job sind und/oder sich weiter qualifizieren
möchten. Die Beraterinnen informieren Alleinerziehende
über verschiedene Möglichkeiten
der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung.
Ingo Schierenbeck, Geschäftsführer der Arbeitnehmerkammer
Bremen sieht dennoch Verbesserungsbedarf
bei den Angeboten für Alleinerziehende.
Er fordert passgenaue Maßnahmen, die
auch die entsprechenden Lebensumstände berücksichtigen
und zum Beispiel in Teilzeit stattfinden,
damit genug Zeit für die Familie bleibt.
Kinderbetreuung
Alleinerziehende müssen auf vieles verzichten.
Vor allem wenn Betroffene in Vollzeit arbeiten,
haben sie kaum noch Zeit für sich selbst oder für
Freunde. Neben dem finanziellen Druck, sehen
sie sich einem enormen Maß an Stress ausgesetzt.
Einfach mal abschalten ist nicht mehr möglich.
Das kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken.
Das trifft besonders diejenigen, die allein in
einer Stadt ohne Familie und Verwandte sind, die
zur Not auf das Kind aufpassen könnten. In der
Seestadt gibt es Abhilfe: Die vielfältigen Betreuungsangebote
in Bremerhaven unterstützen Alleinerziehende,
die berufstätig sind und bieten
weitere Hilfestellungen an, um Mütter und Väter
zu entlasten.
In Bremerhaven ist der Besuch einer Kita seit August
2019 beitragsfrei. Kinder haben ab dem vollendeten
dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt
einen Rechtsanspruch auf Kindertagesförderung
von täglich 4,5 bis 8 Stunden. Ob ein Bedarf besteht,
der über die 4,5 Stunden hinausgeht, wird
im Rahmen einer Bedarfsfestsetzung entschieden.
Dabei wird von der jeweiligen Leitung der
Kindertagesstätte geprüft, welcher Bedarf tatsächlich
besteht. Ein Kriterium bei der Entscheidung
ist zum Beispiel die Berufstätigkeit der Mutter
oder des Vaters. Eine Betreuung, die über 8
Stunden hinausgeht, ist wiederum beitragspflichtig.
Lediglich das Mittagessen müssen alle Eltern
zahlen, aber auch hier gibt es Ausnahmen. So
können Empfänger von Sozialleistungen über das
Programm »Bildung und Teilhabe« Gutscheine für
die Mittagsverpflegung in der Kita beantragen.
Zusätzlich betrifft die Beitragsbefreiung Kinder,
die in Elternvereinen oder von Kindertagespflegepersonal
betreut werden.
Auch die »Familie im Stadtteil – Initiative der Jugendhilfe
Bremerhaven« bietet kostenlose und
freiwillige Unterstützung an. Speziell geschulte
Mitarbeiter, die sogenannten FiS-Assistenten
und FiS-Assistentinnen unterstützen Familien mit
mindestens einem Kind im Alter von 0 bis 10 Jahren
bei der Versorgung und Erziehung. Das Angebot
richtet sich speziell an Familien, die neu in
der Stadt oder dem Stadtteil sind, Zwillings- oder
Mehrfachgeburten versorgen müssen, mit gesundheitlichen
Beeinträchtigungen zu kämpfen
haben oder isoliert leben. Zehn Stunden pro Monat,
über einen Zeitraum von 9 Monaten, unterstützen
die Helfer und Helferinnen die betroffenen
Familien.
In Gesundheitsfragen stehen alleinerziehenden
Eltern vielfältige Angebote für ihre Kinder zur Verfügung.
Die Familienberatung und frühkindliche
Gesundheitsförderung gibt Hilfestellung zu Themen
wie dem Stillen, der Ernährung und der allgemeinen
Gesundheit von Mutter und Kind vor,
während und nach der Schwangerschaft sowie
in den ersten drei Lebensjahren des Kindes. In
Bremerhaven gibt es für dieses Angebot mehrere
Anlaufstellen. Neben der Beratungsstelle
in der »Theo« in der Lutherstraße in Lehe gibt
es die Familienberatung auch in den Stadtteilen
Leherheide in der Hans Böckler-Straße 36 und
in Geestemünde in der Voßstraße 41. Zusätzlich
zu Beratungsterminen können auch Hausbesuche
vereinbart werden. Apropos Hausbesuche:
auch die vielen Hebammen in und um Bremerhaven
bieten ihre Dienste an, indem sie schwangere
Frauen begleiten und ihnen auch nach der
Geburt mit Rat und Tat zur Seite stehen. In den
anfangs erwähnten Wünschen der Alleinerziehenden
gab es auch oft das Bedürfnis nach Kontaktmöglichkeiten
zu Gleichgesinnten. In den Familien
Cafés der Familienzentren in Bremerhaven
(siehe LAUFPASS Nr. 61) haben Mütter und Väter
die Gelegenheit, sich mit anderen Alleinerziehenden
auszutauschen. BG
Wichtige Adressen und Telefon-
nummern zu verschiedenen
Beratungsstellen gibt es auf den
Service-Seiten 66 und 67.