
60 experiment
EXPERIMENT – BIO-KUNSTSTOFF AUS MILCH HERSTELLEN
„Bio-Kunststoff aus Mich? Das ist doch alles Käse”,
werden vielleicht einige sagen. Und so falsch liegen
sie mit dieser Aussage auch gar nicht, da der
Grundbaustein des Bio-Kunststoffes aus dem Eiweiß
»Casein« besteht, welches auch der Grundbaustein
für sämtliche Käsespezialitäten ist. Der
Unterschied ist, dass Käse mit »Lab« (einem Stoff
aus dem Magen von Kälber) erzeugt wird und
Bio-Kunststoff durch das Hinzufügen anderer
Stoffe, wie Essig oder Formaldehyd entsteht.
GESCHICHTLICHER HINTERGRUND
Ein Bio-Kunststoff ist ein Kunststoff, bei
dem ein natürliches Polymer (langkettige
Molekül-Verbindungen) chemisch veredelt wird –
in diesem Fall das erwähnte Milch-Eiweiß Casein.
Bei der Vermischung der Milch mit Essig oder zusätzlich
Formaldehyd verbinden sich die Eiweiß-
Moleküle zu sehr langen Ketten und das Wasser –
in diesem Fall die Molke der Milch – setzt sich ab.
Tatsächlich wurde ein solcher Kunststoff aus
Milch, »Milchstein« genannt, schon Ende des 19.
Jahrhunderts in Deutschland erfunden und in
großen Mengen für die Herstellung von Bauklötzen,
Knöpfen, Schmuck und Besteckgriffen verwendet.
In Italien gab es den Kunstwerkstoff unter
dem Namen »Galalith« und in England wurde
er als »Erinoid« vertrieben und löste Elfenbein ab.
Durch das Veredeln des Milch-Caseins mit Formaldehyd
entsteht eine Masse, die ganz besondere
Eigenschaften aufweist: sie ist unter Druck
und Wärme formbar und härtet gut aus. Nach
dem Aushärten kann sie gedrechselt und glänzend
poliert werden. Es gibt auch die Möglichkeit,
die getrocknete Masse als gemahlenes Pulver
oder in Form kleiner Pellets unter Druck und
Wärme zu ganz neuen Formen zu pressen. Außerdem
lädt sich dieser biologische Werkstoff
nicht statisch auf und ist nicht entflammbar.
Aus diesem Grund wurde er sogar als Isolator
für Elektrogeräte oder Waffensystemen genutzt.
Problematisch ist jedoch, dass dieser Werkstoff
einerseits viel Wasser aufnehmen kann (löst sich
nach einiger Zeit in Wasser auf) und andererseites
www.basta-magazin.de
sehr spröde ist. Das schränkt die Anwendungsmöglichkeiten
ein.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verlor
dieser Bio-Kunstwerkstoff durch die Entwicklung
neuer, vollsynthetischer Kunststoffe nach
und nach an Bedeutung. Erdöl war billig und daraus
konnte ein wesentlich kostengünstigerer
Kunststoff hergestellt werden – das Plastik, das
wir heute in Form von Plastiktüten, Spielsachen,
Kleidung oder anderen industriell hergestellten
Kunststoff-Artikeln kennen und das sich heute
als ein riesiges gesundheitliches Problem für
uns Menschen, die Tierwelt und die ganze Natur
entpuppt hat.
Auch heute noch wird Galalith aufgrund seiner
Materialeigenschaften bei der Herstellung weniger
Produkte, wie Stricknadeln, Füllfederhalter
oder Plektren verwendet.
VORBEREITUNG Alle benötigten Materialien
bereitlegen, den Trichter mit dem Kaffeefilter
auslegen und das Ganze in die Öffnung des Gefäßes
setzen.
MILCH ERHITZEN Einen halben Liter Milch abmessen,
die Milch in den Topf füllen und bei geringer
Hitze erhitzen, ohne sie zum Kochen zu
bringen
ESSIG HINZUFÜGEN Den Herd ausschalten
und den Topf vom Herd nehmen. Anschließend
den Essig in die erhitzte Milch geben. Die Flüssigkeit
danach mit dem Kochlöffel sanft vermischen
(dabei setzt sich das Casein als natürliche
Reaktion in Form von Flocken und das Wasser in
Form von Molke ab).
ABGIESSEN Die Flüssigkeit mit den Flocken
langsam in den mit dem Filterpapier ausgelegten
Trichter geben und abwarten, bis die
Flüssigkeit durch den Filter abgeflossen ist und
sich die Polymer-Masse im Filter abgesetzt hat.
MASSE ABTROCKNEN Die Masse auf das Geschirrtuch
geben und mit sanftem Druck die
überschüssige Feuchtigkeit abtupfen. Es ist auch
möglich, die Masse mit Lebensmittelfarbe einzufärben.
Dafür sollten aber Schutzhandschuhe
angezogen werden, damit die Hände ungefärbt
bleiben.
MASSE FORMEN Jetzt kann die Masse nach
Belieben geformt werden – aber Achtung, diese
ist sehr bröselig. Dabei können die Formen mithilfe
von Plätzchenausstechern (für Anhänger)
ausgestochen werden, Figuren geformt oder Kugeln
mit Loch (als Perlen) gerollt werden.
KUNSTWERKE TROCKNEN LASSEN Als
letztes können die geformten Kunstwerke entweder
an der Luft oder im Backofen bei ca. 80 °C
getrocknet und damit gehärtet werden. MB
YOUTUBE
Experiment: Plastik aus Milch herstellen
https://youtu.be/9mLsx748MAQ
https://de.wikihow.com/Aus-Milch-Plastik
herstellen
WEBSITE
Lexikon der Kunststoffe
http://www.deutsches-kunststoff-museum.
de/rund-um-kunststoff/das-lexikonder
kunststoffe/galalith/
https://de.wikipedia.org/wiki/Galalith
Bilder: DONOT6_STUDIO shutterstock.com (Milch), New Africa shutterstock.com (Essig), Elena Hramova shutterstock.com (geformte Masse)
MATERIAL
1 Messbecher
0,5 Liter Vollmilch
1 Esslöffel
4 Esslöffel Essig
1 Topf
1 Kochlöffel
1 Trichter
1 Gefäß, auf das
der Trichter passt
1 Kaffeefilter
1 Topf
1 Geschirrtuch