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mittel, die erwiesenermaßen
vor langfristigen Folgen wie
Herzinfarkt, Schlaganfall oder
Nierenschäden schützen.
Patienten informieren
häufig nicht Ein weiteres
Problem: Die wenigsten Patientinnen
und Patienten berichten
ihrem Arzt, dass sie
das Medikament eigenmächtig
abgesetzt oder die Dosis
verändert haben. So fällt
der Arzt Entscheidungen, die
auf falschen Annahmen beruhen.
Er ordnet vielleicht weitere
(vermeidbare) Untersuchungen
und weitere (überflüssige)
Medikamente an, weil zum Beispiel
der Blutdruck nicht gesunken
ist. Natürlich hat jeder
Patient das Recht zu beschließen, dass er mit den Nebenwirkungen
eines Medikaments nicht klarkommt oder nicht klarkommen
will.
Doch sollten Patienten unbedingt ihren Arzt darüber informieren
und ihre Bedenken und Ängste äußern, rät Ärztin Eymers.
Oft lassen sich Alternativen finden: Ein anderes Medikament, eine
andere Dosierung oder eine andere Wirkstoffkombination
kann häufig Abhilfe schaffen. Studien zeigen: Wenn Patienten ihre
Wünsche und Erfahrungen in die Therapieentscheidung mit
einbringen können, erhöht sich die Bereitschaft zur Kooperation.
Und damit verbessern sich die Therapieerfolge.
Um gemeinsam mit dem Arzt eine Entscheidung treffen zu können,
sollten Patienten sich gut informieren. Dazu gehören die
Auskünfte beim ärztlichen Aufklärungsgespräch genauso sowie
aktives Nachfragen durch den Patienten. Zudem sollten
Kontrollbesuche beim Arzt vereinbart werden, um zu überprüfen,
wie sich die Krankheit entwickelt.
Verändertes Rollenverständnis Für Therapietreue werden
oft auch die Begriffe Compliance und Adhärenz synonym verwendet,
was nicht ganz korrekt ist. Gute Compliance in der
Medizin bedeutet konsequentes Befolgen der ärztlichen Ratschläge.
Adhärenz geht weiter und meint, dass der mit dem
Therapeuten vereinbarte Behandlungsplan konsequent befolgt
wird. Hier ist ein Gespräch auf Augenhöhe das Ziel. Fühlten sich
Patienten früher oftmals wie passive Empfänger ärztlicher Anweisungen,
haben sich die Rollen inzwischen verändert. Dabei
sollte nicht bestritten werden, dass ein Mediziner mehr Fachwissen
hat. Doch der Patient kennt seinen Körper, seine Bedürfnisse
und Ängste, seinen Alltag und Lebensstil. Der Begriff »Adhärenz
« (von lat. adhaerere = anhängen) soll dem veränderten
Rollenverständnis Rechnung tragen.
Gemeinsam entscheiden ist besser Gespräche auf Augenhöhe
führen – das ist auch das Ziel des Projektes »Shared Decision
Making« (SDM) – Bremer Patienten und Ärzte entscheiden
gemeinsam". Hierfür ist die AOK Bremen/Bremerhaven
zusammen mit anderen Partnern wie dem Universitätsklinikum
Schleswig-Holstein im September
2019 mit einem »Sonderpreis
Arztnetze« des bundesweiten
MSD-Gesundheitspreises
(www.msd.de/gesundheit-imdialog/
gesundheitspreis) ausgezeichnet
worden.
»Shared Decision Making« (Gemeinsame
Entscheidungsfindung)
soll die Arzt-Patienten
Gespräche verbessern und
eine gemeinsame Entscheidung
ermöglichen, wenn es darum
geht, aus mehreren in Frage kommenden
Therapien die am besten
passende zu wählen. Gleichzeitig
sollen damit die Mittel in der gesetzlichen
Krankenversicherung
effektiver eingesetzt werden, weil
sich die Patienten besser an gemeinsam
vereinbarte Behandlungsschritte halten. Nicht zuletzt
soll so die Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen
verbessert werden. In Bremen und Bremerhaven wird
das Projekt jetzt, bundesweit zum ersten Mal, in einem ganzen
Bundesland umgesetzt. SDM ist Bestandteil des Bremer Hausarztvertrages
– und verpflichtet damit rund 450 Hausärzte, nach
dem neuen Konzept zu behandeln.
Sachliche Informationen suchen Wer weitere Informationen
sucht, kann dies etwa im Internet, mithilfe von Broschüren
oder auch einer Selbsthilfegruppe tun. Seriöse Angebote machen
beispielsweise das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität
im Gesundheitswesen (www.gesundheitsinformation.de)
oder die Stiftung Warentest (www.test.de) oder das Ärztliches
Zentrum für Qualität in der Medizin (www.patienten-information.
de).
Auch die AOK-Faktenboxen (www.aok.de/faktenboxen) informieren
sachlich über viele medizinische Fragen. Für viele chronische
Erkrankungen gibt es im Rahmen von Disease-Management
Programmen (www.aok.de/curaplan) Schulungen, in
denen die Patienten alles über Ursachen und Therapie ihrer Erkrankung
erfahren und üben, wie sie die oft komplexen Anforderungen
in ihren Alltag einbauen können.
Denn geht es um Veränderungen des Lebensstils, fällt es vielen
Menschen ebenfalls schwer, die ärztlichen Empfehlungen umzusetzen.
Doch sich gesünder zu ernähren, sich mehr zu bewegen,
das Rauchen aufzugeben und Stress (www.aok.de/bremen
> Kurse) abzubauen, das ist die Basis der Therapie vieler chronischer
Krankheiten, sei es Bluthochdruck, Herzschwäche, Diabetes
oder Rheuma. Wer ein vertrauensvolles Verhältnis zu seiner
Ärztin beziehungsweise seinem Arzt hat und die Entscheidung
gerne ihr oder ihm überlassen möchte, kann auch das guten
Gewissens tun. Vor allem für ältere oder schwer erkrankte Menschen
kann das ein guter Weg sein.
service gesundheit 43
Bilder: Szasz-Fabian Ilka Erika shutterstock.com (Tablettendose), PR Archiv AOK Bremen/Bremerhaven (Gruppenbild » Therapietreue_MSD-Gesundheitspreis« und Beratung beim Arzt)
Für ihr Projekt »Shared Decision Making (SDM) –
Bremer Patienten und Ärzte entscheiden gemeinsam
« hat die AOK Bremen/Bremerhaven zusammen
mit andreren Partnern den Sonderpreis Arztnetze beim
MSD-Gesundheitspreis erhalten.
Auf dem Foto von links: Peter Kurt Josenhans (AOK), Sven
Saß (hkk), Matthias Metz (AOK), Prof. Dr. Friedemann Geiger
(UKSH), Jury-Mitglied Dr. Rainer Hess und Moderatorin
Jule Gölsdorf (MSD).