
Der amerikanische Politologe Richard Florida untersuchte in seiner
Arbeit „Cities and the Creative Class“ von 2005 eine bestimmte
Bevölkerungsgruppe und wie sich diese auf die Stadtentwicklung
auswirkt. Er beschreibt in seiner Untersuchung wie
die „Creative Class“, bestehend aus Medienleuten, Künstlern und
Designern, verlassene Industriezentren übernahmen, erneuerten
und diese, durch das Bespielen der Gebäude und Flächen mit
Kunst und Kultur, auch für andere Bewohner attraktiv machte.
Die Studie zeigt deutlich, wie wichtig Kultur über den Tourismus
hinaus geworden ist und welche Rolle sie in der Stadtentwicklung
spielt.
Auch die UNESCO hat sich 2016 in dem Bericht „Kultur: Urbane
Zukunft“ mit Kultur als Impulsgeber in der Stadtentwicklung auseinandergesetzt
und hat dabei Empfehlungen für mögliche Zielsetzungen
in der Kulturpolitik von Städten definiert. Dazu zählen
unter anderem „die Lebensqualität in Städten mithilfe von Kultur
zu verbessern und städtische Identitäten zu erhalten“, „den sozialen
Zusammenhalt in Städten durch Kultur zu stärken“, „Kreativität
und Innovation durch Kultur zu fördern“ und „die Qualität
des öffentlichen Raums durch Kultur zu verbessern“. Für die Autoren
des Berichts steht fest: „Ohne Kultur können Städte als pulsierende
Lebensräume nicht existieren. Sie sind bloße Konstruktionen
aus Beton und Stahl, anfällig für sozialen Niedergang und
gesellschaftlichen Zerfall.“ Mit Kultur sind aber nicht nur Opern,
Theater und Museen gemeint, sondern auch Subkultur und Stadtteilinitiativen,
die gerade in der Seestadt besondere Unterstützung
erfahren.
Dorothee Starke ist überzeugt, dass die Aufwertung einzelner
Stadtteile durch Kunst und Kultur auch immer dem Gesamtgefüge
hilft und ein positives Image fördert. Ein reichhaltiges Kulturangebot
steigert die Lebensqualität der Bewohner. Es entstehen
kulturelle Begegnungsstätten wie Theater, Galerien und Stadtfeste,
die Menschen zusammenbringen und ins Gespräch miteinander
kommen lassen. „Kulturelle Teilhabe ermutigt die Bewohner
zum Mitmachen und fördert das soziale Miteinander jenseits
von Herkunft oder Einkommen und stärkt auch die Bindung
zum Stadtteil, was sich wiederum auf den Einzelhandel und die
Gastronomie
auswirkt“, sagt sie. Die Förderung von Kultur beeinflusst
demnach viele zusammenhängende Bereiche, die allesamt
zur Stadtentwicklung beitragen.
STADT ALS MÖGLICHKEITSRAUM
Bremerhaven verfüge über gute Voraussetzungen, um die Kreativszene
zu fördern und sich als Kulturstandort zu positionieren,
sagt Starke: „Bremerhaven ist eine Stadt der kurzen Wege. Das
bedeutet, man bekommt hier sehr unkompliziert und unhierarchisch
Unterstützung, man findet schnell Mitstreiter. Dadurch,
dass „man“ sich kennt, werden neue Akteure in der Regel schnell
eingebunden, die Stadt ist neugierig auf Neuankömmlinge und
fremdelt nicht. Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil sind auch
die moderaten Mieten und das Platzangebot. Bremerhaven ist
keine satte Stadt, sondern eine Stadt, die sich immer weiter entwickelt
und dadurch spannende Handlungsfelder eröffnet.“ Aber
es gibt auch einige Herausforderungen: Die Sichtbarkeit des kulturellen
Angebots über die Stadtgrenzen hinaus, gestaltet sich
schwierig, „so nehmen die Feuilletons von überregionalen Medien
die kulturellen Aktivitäten in der Stadt kaum wahr, auch wenn
sie von überregionaler Bedeutung sind“, bemerkt sie. „Zusätzlich
sind die finanziellen Möglichkeiten der Stadt sehr begrenzt, aber
die Ämter und Gesellschaften, wie die Stäwog oder die BIS Bremerhavener
Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung
mbH versuchen, die Ideen aus der Kreativszene möglichst
unbürokratisch umzusetzen und zu fördern“, fügt sie hinzu.
KUL
TUR
OP
Kunst und Kultur
als Impulsgeber in der
Stadtentwicklung
In Bremerhaven wurden in den vergangenen Jahren viele Impulse für die Kultur
und damit für die Stadtentwicklung gesetzt. Dabei dienen die verschiedenen
Angebote nicht nur der bloßen Bespaßung der Einwohner, sondern haben
darüber hinaus auch einen positiven Effekt auf die Entwicklung ganzer
Stadtteile und auf die Lebensqualität ihrer Bewohner, denn „eine lebendige
Kulturszene ist für eine lebendige Stadtgesellschaft unabdingbar“, sagt Dorothee
Starke, Leiterin des Kulturamts Bremerhaven.
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