
service gesundheit
Die AOK bietet ein neues Online-Programm zur Selbsthilfe für
psychisch belastete pflegende Angehörige an: Der »Familiencoach
Pflege« (www.familiencoach-pflege.de). Es ist ein kostenloses
und für alle Interessierten anonym nutzbares Angebot,
das die Psyche von pflegenden Angehörigen stärken und
sie vor Überlastung schützen soll. Aktuelle Ergebnisse einer
repräsentativen Befragung für den »Pflege-Report 2020« des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) (wido.de/publikationen
produkte/buchreihen/pflege-report) zeigen den Bedarf:
Danach ist jede vierte Person, die einen Angehörigen zu
Hause pflegt, durch die Pflege »hoch belastet«.
„Die Befragungsergebnisse belegen, dass die Pflege eines Familienmitglieds
für viele Angehörige sehr anstrengend ist - nicht
nur körperlich, sondern auch seelisch“, sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin
bei der AOK und verantwortlich für die Umsetzung des Gesamtprojekts.
„Hier bietet unser neues Programm eine niedrigschwellige
und jederzeit nutzbare Unterstützung“, so Eymers
weiter. „Wir stellen dabei bewusst die pflegenden Angehörigen
mit ihren besonderen Belastungen in den Mittelpunkt. Ihnen
fehlt es oft an Anerkennung für die Arbeit, die sie leisten.“
Mit Hinweisen, Informationen, interaktiven Übungen, mehr als
40 Videos und 14 Audiodateien lernen die Nutzer, wie sie besser
mit den seelischen Herausforderungen umgehen können. Ein
Fokus liegt dabei auf besonders schwierigen Pflegesituationen
wie der Betreuung von Menschen mit Demenz oder der Begleitung
von Sterbenden. Das Angebot ist von einem Expertenteam
unter Beteiligung einer Fokusgruppe aus pflegenden Angehörigen
entwickelt worden.
www.laufpass.com/Familie
Isolation und Überforderung vorbeugen Der Familiencoach
Pflege vermittelt unter anderem, wie wichtig es für pflegende
Angehörige ist, sich nicht zu isolieren. „Auch in schwierigen
Zeiten sollten sie persönliche Kontakte zu Freunden,
Bekannten und Nachbarn aufrechterhalten“, sagt Professorin
Gabriele Wilz, Leiterin der Abteilung für Klinisch-psychologische
Intervention an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Das Programm
zeigt den Nutzern Methoden und Wege auf, gut für sich
zu sorgen und vor allem Zeit für sich zu finden“, so Wilz, die den
Familiencoach Pflege als Expertin federführend entwickelt hat.
Auch der Umgang mit schwierigen Gefühlen wie Trauer, Wut,
Ekel oder Angst ist ein Thema im Familiencoach. Die Nutzer können
sich im Programm die Themen, die für ihre Situation besonders
relevant sind, individuell anzeigen lassen. In interaktiven
Übungen erhalten sie ein maßgeschneidertes Feedback, können
sich Interviews mit Experten-Hinweisen ansehen und Hörübungen
zur Entspannung und Achtsamkeit nutzen.
Aufschluss über die Belastung der pflegenden Angehörigen geben
Befragungsergebnisse für den »Pflege-Report 2020« des
WIdO, der im September 2020 erscheint. Auf Basis der sogenannten
»Häusliche-Pflege-Skala« (HPS), die unter anderem Fragen
zu körperlicher Erschöpfung, Lebenszufriedenheit und psychischer
Belastung umfasst, befragte das Institut Forsa im Auftrag
des WIdO von Dezember 2019 bis Januar 2020 insgesamt 1106
pflegende Angehörige. Die repräsentative Online-Befragung
zeigt, dass knapp 26 Prozent der befragten Pflegepersonen nach
der HPS hoch belastet sind. Für 43 Prozent wird eine mittlere Belastung
festgestellt, nur bei knapp 31 Prozent der Pflegenden ist
Bilder: Halfpoint shutterstock.com (oben links), evrymmnt shutterstock.com (oben rechts)
56
Familiencoach Pflege
AOK-Online-Programm für pflegende Angehörige