
„Es ist doch kein DASEIN,
wenn ich hier bin“
Vielen Bremerhavenern mag
der Begriff „Butjer“ schon
gar kein Begriff mehr sein, zumal
die Zeit, als das große Abenteuer
noch mit dem eigenen
Kopf erdacht wurde, das erste
Handy noch 20 Jahre schlummerte,
so weit zurückliegt. Humorvoll
und liebenswürdig, vor
allem aber aus der strahlenden
Tiefe seines Inneren hat Manfred
Barkhausen authentische
Butjer-Geschichten in seinem
Buch „Fietje und ich“ festgehalten.
1954 in Lehe geboren, wo
er auch heute noch sein Zelt
aufgeschlagen hat, ist er inzwischen
natürlich längst dem „der
kleine Prinz“-Alter entkommen,
sieht dennoch zweifellos mit
dem Herzen besser als manch
Philatelist mit seiner Lupe.
Wer immer die 60er-Jahre als Kind
im Stadtteil Lehe gelebt hat, der
wird problemlos mit jeder Seite
seinen eigenen Rückblick in die
typisch norddeutsche Vergangenheit
starten können und sich plötzlich
mitten in einer Zeit wiederfinden,
als „ich war‘s nicht“ noch zum
festen Sprachschatz gehörte. Wer
sich damals schon zu den Erwachsenen
zählte, wird wieder zum
Kind mit allen möglichen Flausen
im Kopf mutieren. Letztlich ist es
aber völlig egal, woher man kommt
und zu welchem Alter man sich bekennt.
Diese Reise zurück in der
eigenen Zeitmaschine kann und
sollte sich jeder gönnen.
Schnell wird einem klar, dass der
Autor mit jedem Satz zu gern Lausebengel
in seiner kleinen und
überschaubaren Welt geblieben
ist. Sechs Jahre vor „Fietje und
ich“ veröffentlichte Manni Barkhausen,
ebenfalls beim Schardt
Verlag, seinen Gedichtband „Es ist
doch kein DASEIN, wenn ich hier
bin“. Mit herzerfrischender Leichtigkeit
reiht der 66-jährige Schauwerbegestalter
Wort an Wort, bis
das Bild sichtbar wird. Köstliche
Reime, knackige Ungereimtheiten,
riechbare Deich-Romantik und erlesene
Schoten mit genügend Freiraum
für eigene Interpretation. Ein
„Must have“ für alle, die gern lachen,
gern lachten, oder die es
noch nie probiert haben.
Damit aber nicht genug. Wenn
dann irgendwann der Bleistift
zum Stummel geschrumpft ist,
kommt die Zeit, sich seiner dritten
Zweitleidenschaft zu widmen,
dem entspannten Musizieren. Mit
den Beatles aufgewachsen, sollte
das Wunschinstrument selbstverständlich
eine Gitarre sein. Wünsche
bleiben manchmal Wünsche,
die man sich eines guten Tages
selbst erfüllen muss, wenn die Eltern
darauf bestehen, dass ein Akkordeon
viel besser passen würde.
Dabei weiß man doch, dass diese
Art (Kunst) Erziehung nur selten
gut geht und zudem in eine Beatband
nun so gar nicht hineinpasst.
Der Spaß, oder die Freude am Musizieren
ist dann meistens erstmal
weg.
Heute liebt er dieses wunderbare
Instrument und ärgert sich über
sich selbst, es damals nicht gut
genug erlernt zu haben. Dafür findet
man in seiner Wohnung Djembe
(an der Manni eine mehrjährige
Ausbildung genossen hat), Dundun,
Sangban, Kenkeni (westafrikanische
Percussion), und wenn
nicht gerade seine talking drum
mit ihm redet, lernt er Kora (afrikanische
Harfe). Man muss schon
sehr viel Liebe zu diesem Genre
entwickeln; denn der fette Euro
kommt hier nicht aus dem Wasser.
„Das muss er auch nicht,“ sagt
der Protagonist, „wir haben so viel
Freude mit Yankadi Ba, unserer
Trommelgruppe und spielen überall,
wo man uns hören mag. Von
uns wird das Bremerhavener Afrika
Festival (29. und 30. Mai 2021)
im Haus der Jugend organisiert.
Mit meinen Hobbys genug Geld
zu verdienen, dass ich irgendwann
davon leben könnte, möchte ich
nicht. Wenn ich damit reich werde,
wehre ich mich nicht.“ Die Akustik
Gitarre liegt ihm leicht in der Hand,
als er nicht mehr reden, lieber singen
möchte. Dann bekomme ich
einen Text zu hören, passend zu einer
eingängigen Melodie mit leichtem
latein-amerikanischen Rhythmus,
dass ich mich frage, wo hat
dieser Mann all die Jahre gesteckt?
Muss ich erst wieder mal hoch
oben auf unserem Deich stehen,
wenn der Wind übers Meer weht,
die Wellen vor sich hertreibt, bis
sie sich am Strand um den besten
Platz an Land schlagen? Produzent
Mike Bach von MBM hat sich jetzt
dieses Titels angenommen. Ein gutes
Zeichen. (gbm)
ISBN 978-3-96152-195-1 ISBN 978-3-89841-655-9
89