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Finanzierung wird neu geordnet
Änderung am Risikostrukturausgleich führt ab 2021 zu höherem Zusatzbeitrag
Einige Gesetzesänderungen im Gesundheitswesen, die ab
2021 wirken, werfen ihre Schatten voraus. „Die Mitglieder
der AOK Bremen/Bremerhaven müssen sich leider im kommenden
Jahr auf einen höheren Zusatzbeitrag einstellen“,
sagt AOK-Vorstandschef Olaf Woggan. Den sehr günstigen
Zusatzbeitrag von 0,7 Prozent werde die Gesundheitskasse
in Bremen und Bremerhaven im kommenden Jahr nicht
mehr anbieten können – weil sich durch die Gesetze der finanzielle
Spielraum der AOK verschlechtere.
Reform des Risikostrukturausgleichs Ein Hauptgrund dafür
ist, dass der sogenannte Risikostrukturausgleich zwischen
den gesetzlichen Krankenkassen erneut reformiert wurde. Der
Finanztransfer regelt eigentlich, dass jene Kassen, die viele
Menschen mit schweren Krankheiten versichern, mehr Geld aus
dem Topf des Gesundheitsfonds erhalten als Kassen mit vielen
gesunden Versicherten.
Dieser Ausgleich, der seit 2009 gut funktioniert hat, wird jetzt
durch eine komplizierte Regionalkomponente ergänzt. Sie bewirkt,
dass Regionen mit städtischen und tendenziell teureren
medizinischen Angeboten mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds
erhalten. „Nur: In Bremen als städtische Region wirkt dieser
Mechanismus nicht, im Gegenteil. Unsere langjährige Arbeit,
eine gute, aber auch wirtschaftlich günstige medizinische
Struktur zu schaffen und zu erhalten, wird dadurch quasi bestraft“,
so Woggan.
Hansestadt setzt auf Qualität Beispielsweise seien die Arzneimittelausgaben
im Land Bremen deutlich niedriger als im
Bundesgebiet, „aber ohne Abstriche bei der Qualität der Versorgung
unserer Versicherten“, betont der Kassenchef. Mit
dem Bremer Arzneimittelregister, dem Hausarztvertrag oder
der Pflicht zur gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen
Arzt und Patient – nur drei von etlichen Beispielen – setze man
in der Hansestadt auf mehr Qualität in der Medizin, könne zugleich
aber viele Kosten unter den Bundesdurchschnitt senken.
Nach dem neuen Modell würden aber ab dem Jahr 2021 jene
Krankenkassen finanziell belohnt, deren Versicherte vor allem
in relativ teuren Regionen lebten. Und das bedeute, dass der
Anreiz für die Kassen, die Versorgung wie in Bremen günstiger
und wirtschaftlicher zu gestalten, dort entfalle.
Absurde Konstellationen Im Ergebnis führen die Regionalfaktoren
laut Woggan zu absurden Konstellationen: „In den Regionen
Bremen, Ostfriesland, aber auch in den ostdeutschen
Bundesländern wird künftig weniger Geld für die Gesundheitsversorgung
zur Verfügung stehen. Davon profitieren nach ersten
Berechnungen vor allem süddeutsche und speziell bayerische
Landkreise und Städte, die sich nicht nur eine teurere
medizinische Versorgung leisten, sondern in denen auch deutlich
mehr gutverdienende und vermögende Menschen leben.
Die dort besonders stark vertretenen Krankenkassen erhalten
mehr Geld aus dem Solidartopf des Gesundheitswesens.“
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