
werden. Bis zu 10 Prozent der verklappten
Schlickmengen haben die höchste Schadstoffbelastung
– sie sind also hoch-toxisch. Tanja
Schlempp dokumentiert die Situation auf ihrer
Webseite wattenmeerschutz.de: „In 2019
wurde eine Jahresmenge von 10.354.000 Kubikmeter
Baggergut am Weltnaturerbe Wattenmeer
vor Cuxhaven und in die Deutsche
Bucht vor Helgoland umgelagert:
• 6.554.000 m3 aus der Elbe-Fahrrinne
vor Cuxhavens Küste
• 3.800.000 m3 Hamburger
Hafenschlick vor Helgoland
Der Bund (BMVI) hat sich mit den Ländern
(HH, SH, NS) verständigt, erstmals ab August
2018 auch stark belastetes Baggergut
aus dem Baggerabschnitten 1-3 (Wedel, Lühesand,
Juelssand) bei km 730/740 im Mündungstrichter
zu entsorgen. Das Baggergut
wird in der Auswirkungsprognose der Bundesanstalt
für Gewässerkunde (BfG) als kritisch
bewertet. Es verfügt über einen hohen
Schwebstoffgehalt und über Schadstoffe, die
in den Fall 3 nach GÜBAK eingestuft sind. Fall
3 bedeutet, dass das Baggergut deutlich höher
mit Schadstoffen belastet ist, als die Hintergrundbelastung
des Verklappungsgebietes.
Es handelt sich um die höchste Schadstoffklasse
nach GÜBAK. Die Jahresmenge
beträgt rund 1 Million m3. Die Jahresmenge
wurde sowohl in 2018 als auch in 2019 voll
ausgeschöpft.“
HÄTTE MAN DEN AUSHUB
ANDERWEITIG ABLAGERN KÖNNEN?
„Bis zu diesem Zeitpunkt (das Jahr 2006) wurde
das Baggergut ortsnah umgelagert. Das
heißt, es landete nur das Baggergut vor Cuxhavens
Küste, das unmittelbar im Bereich der
Außenelbe in der Fahrrinne gebaggert werden
musste. Das waren kleine Mengen sandigen
Materials, die zudem nur bei Ebbe umgelagert
worden sind. Und heute? Parallel zum Leitdamm
östlich der Fahrrinne ist eine Großdeponie
für gebaggerten Schlick aus der Fahrrinne
der gesamten Tideelbe entstanden. Es handelt
sich um insgesamt 5 Klappstellen (plus
die Klappstellen bei Neuwerk/Scharhörn), auf
denen jährlich bis zu 4 Mio. Kubikmeter schlickiges
Baggergut sowie die gleiche Menge
sandiges Baggergut aus dem Baggerbereich
Osteriff entsorgt werden dürfen. Insgesamt
also die unvorstellbare Menge von 8 Mio. Kubikmetern.“
Die direkte Umgebung der Naturschutzgebiete
ist nun zur Giftmülldeponie umgewidmet
worden. Das Primat der Wirtschaft kennt keine
Gnade, wenn es um Kosten-Nutzen-Verbesserungen
geht. Die Kosten und Risiken werden
sozialisiert, der Nutzen fließt einigen wenigen
Unternehmen zu. Die Maßnahmen, deren Volumen
die geplanten 286 Millionen Euro übersteigen
wird, bezahlt der Staat – also die Bürgerinnen
und Bürger, die Zerstörung der Umwelt
und insbesondere des Schutzraumes
Wattenmeer bezahlen die Tiere mit ihrem Leben,
die Fischer mit ihrem Einkommen und die
Menschen mit dem Verlust eines einzigartigen
Naturraumes.
UMWELTZERSTÖRUNG IM
KOALITIONSVERTRAG GEREGELT
Wer nun reflexartig glaubt, diesen zerstörerischen
Umgang mit der Natur künftig verändern
zu können, indem das Kreuz bei der
nächsten Wahl in Hamburg, Niedersachsen,
Schleswig-Holstein oder auf Bundesebene bei
den GRÜNEN macht, sollte sich gut informieren:
Das Artensterben in Elbe und Wattenmeer
hat auch den Segen der ehemaligen Umweltpartei.
Auch wenn auf Bundesebene bis zuletzt
die Krokodilstränen flossen, einigten sich
die Hamburger Grünen mit der SPD auf die
gemeinsame Umweltzerstörung. Der Koalitionsvertrag(
1) zwischen SPD/Die GRÜNEN ist
ein Paradebeispiel für die politische Sprache
der Gegenwart. Auf Seite 24 des Vertrages ist
die Elbvertiefung geregelt. Die Einstiegsformulierung
hilft den Grünen augenscheinlich,
das Gesicht zu wahren: „Die Koalitionspartner
sind sich über die Beurteilung der Notwendigkeit
einer weiteren Elbvertiefung uneinig.“ Das
ist natürlich blanker rhetorischer Unsinn. Die
Einigung ist ja in den folgenden Zeilen festgehalten:
„Sie vereinbaren dennoch folgendes
verbindliches Vorgehen (es folgt die Beschreibung
der Umsetzung)… Die Koalitionspartner
verpflichten sich zu einer verbindlichen und
zeitnahen Umsetzung aller etwaigen gerichtlichen
Maßgaben des BVerwG und werden in
der Folge alle nötigen Maßnahmen ergreifen,
um die zügige bauliche Umsetzung der Fahrrinnenanpassung
zu erreichen.“ Wenn das keine
Einigkeit ist, was soll es dann sein?
Das Kind ist in den Brunnen gefallen – besser
noch: Der Schlick fällt jeden Tag in die Nordsee
und wird dort sein Unheil anrichten. Es
bleibt also erneut die Aufgabe der Zivilgesellschaft,
das Handeln von Politik und Wirtschaft
zu kontrollieren und darauf zu hoffen, dass
die Judikative den gesetzmäßigen Ausgleich
der Interessen unter Berücksichtigung der Ansprüche
der Natur und vor allem der künftigen
Generationen im Auge hat und entsprechende
Entscheidungen trifft. Dies ist insbesondere
bei Vorhaben der Fall, deren Auswirkungen
nicht mehr umkehrbar sind – wie die Zerstörung
des UNESCO-Welterbes Wattenmeer.
(vc)
Quellennachweis:
(1) https://www.spd-fraktion-hamburg.de/fileadmin/pdfbibliothek/
pdf_Downloads/koalitionsvertrag_download.pdf
8 www.laufpass.com
Foto: lichtmaster/shutterstock.com