des Dreißigjährigen Krieges ein. Auch die
kriegerische Verteidigung der westlichen
Werte am Hindukusch ist von diesem
Zeitrahmen nicht mehr weit entfernt.
Die als eher besonnen bekannte deutsche
Bundeskanzlerin hat frühzeitig mitgeteilt,
dass eine „neue Normalität“ (mit
Maulkorb-Pflicht für alle – das Tragen der
Maske ersetzt das Tragen des Parteiabzeichens
der überparteilichen Kriegspartei)
angestrebt wird, und man darf davon
ausgehen, dass diese Formulierung nicht
unbedacht war.
Das heißt, es geht der deutschen Führung
nicht um einen kurzfristigen Feldzug,
sondern – als eines der Kriegsziele
– um eine grundlegende gesellschaftliche
Umgestaltung auch im Inland, und
derlei braucht seine Zeit. Dass auch die
auswärtigen Kriegsziele einen längeren
Krieg sinnvoll erscheinen lassen, wurde
oben bereits ausgeführt. In den ersten
Wochen des Coronafeldzuges konnte
man der politischen Führung des Landes
bei gutem Willen noch abnehmen, dass
sie an die Drosten-Pandemie tatsächlich
glaubte, und das erklärte Ziel war Flatten
the Curve beziehungsweise die Vermeidung
einer Überlastung des Gesundheitswesens.
Dieses Ziel war ganz offensichtlich
schnell erreicht.
Der eigentliche Krieg begann wohl erst
danach, und er ist auf Langfristigkeit
angelegt: Die Pandemie dauert so lange,
bis ein Impfstoff bereitsteht, wurde
nun verkündet, womit eine Kriegsdauer
von mehreren Jahren eingeplant ist. Aus
propagandistischen Gründen musste die
Verfügbarkeit eines Impfstoffes natürlich
für die absehbare nahe Zukunft vorhergesagt
werden, hier für Frühjahr 2021,
was immerhin eine Kriegsdauer von einem
Jahr bedeutet hätte; mehr konnte
man dem Publikum noch nicht zumuten.
Natürlich wusste jeder, dass die Entwicklung
und Zulassung eines zuverlässigen
Impfstoffes gegen eine neuartige Infektion
normalerweise eher zehn als drei Jahre
dauert, bei menschlichen Coronaviren
außerordentlich schwierig ist und im Falle
des HIV-Virus seit 35 Jahren nicht erreicht
wurde.
Mit anderen Worten: Wenn man der Bundesregierung
in dieser Phase die Zurechnungsfähigkeit
nicht mehr absprechen
will, dann muss es zu diesem Zeitpunkt
schon die Planung gegeben haben, den
Feldzug auf mehrere Jahre auszudehnen.
Von sich aus wird die Regierung nicht
von dieser Perspektive abrücken.
Eine weitere Frage ist: Wie kann und soll
dieser Krieg überhaupt enden? Das kulturelle
Muster „Krieg“ ist in unserer Vorstellung
mit drei möglichen Ausgängen
versehen: Sieg, Niederlage oder Waffenstillstand.
Ein Sieg in diesem Krieg würde
nach der immanenten Logik der Kriegspropaganda
der vergangenen Monate bedeuten,
das Virus auszurotten. Das ist offensichtlich
unmöglich9.
Viren dieser Art verschwinden nicht –
werden aber mitunter über die Zeit durch
verschiedene Mutationen harmloser –
und die Methodik des Krieges sorgt zusätzlich
dafür, dass er nicht gewonnen
werden kann: Mit der Definition eines positiven
Ergebnisses eines PCR-Tests als
„Covid-19-Infektion“ gäbe es auch Jahre
nach dem Ableben des letzten SARSCoV
2 noch den „Nachweis“ ständiger
„Neuinfektionen“.
Das Virus kann nicht für „ausgerottet“ erklärt
werden, der Krieg ist nicht zu gewinnen.
Einen „Waffenstillstand“ kann das
Virus leider prinzipiell nicht unterzeichnen,
diese Variante fällt also auch aus.
Bleibt nur die Niederlage. Kriegführende
Parteien können angesichts der unausweichlichen
Niederlage zu Verzweiflungstaten
getrieben werden, die den vorangegangenen
Kriegsverlauf an Sinnlosigkeit
und Grausamkeit noch weit übertreffen.
Der April und Mai 1945 haben dafür erschreckende
Beispiele geliefert. Keine
schönen Aussichten. Nun kennt unser
in langer kultureller Tradition verwurzeltes
Bewusstsein allerdings neben
den drei möglichen – beziehungsweise
im Falle des Coronakrieges: faktisch unmöglichen
– Kriegsausgängen auch noch
irreguläre Fälle, wie etwa das sprichwörtliche
„Hornberger Schießen“: Das
Gefecht findet irgendwann nicht mehr
statt, der Krieg schleicht sich aus, ohne
dass man wüsste, ob jemand gewonnen
hat und wenn ja, wer. Dieser „unmögliche“
Kriegsausgang zeichnet sich beispielsweise
derzeit im Afghanistankrieg
ab. Ob er auch für den Coronakrieg denkbar
wäre?
Das würde allerdings voraussetzen, dass
die Kriegführenden im Laufe der Zeit anderes
im Kopf hätten und deshalb allmählich
von ihrem Feldzug ablassen,
ohne dass man nachher einen genauen
Zeitpunkt des Kriegsendes feststellen
könnte. Der Krieg müsste dafür, quasi
unmerklich, an Wichtigkeit verlieren.
Das kann lange dauern.
Eine andere, und noch weniger erfreuliche,
Variante würde ein Kriegsende dadurch
herbeiführen, dass eine neue,
noch schlimmere – also diesmal vielleicht:
real und nicht nur in der Fantasie
der Drostens dieser Welt ausbrechende
– Katastrophe alle Aufmerksamkeit und
Kapazitäten auf sich zieht und der Coronakrieg
davon in den Schatten gestellt
und allmählich vergessen wird. Auch keine
schöne Aussicht.
In guter alter marxistischer Tradition
schließlich, wäre auch noch an eine tatsächlich
positive Perspektive zu denken:
Die Völker haben den Krieg satt und erzwingen
mit machtvollen massenhaften
Aktionen, Generalstreiks und so weiter
seine Beendigung gegen den erbitterten
Widerstand der herrschenden Klasse, die
mit dem Kriegsende von einer Revolution
hinweggefegt wird. Schön wär’s ja, aber
für die Prophezeiung, dass der Coronakrieg
so enden könnte, mangelt es mir
derzeit an historischem Optimismus. Es
ist ja heutzutage leichter, sich das Ende
der Menschheit vorzustellen als das Ende
des Kapitalismus.
Leichter zu beantworten ist eine andere
Frage: Was soll eigentlich aus der immens
mächtigen Rüstungsindustrie und
der Bundeswehr werden, wenn die klassische,
konventionelle und nukleare Rüstung
sich im Corona-Weltkrieg als unnötig
erweist? Nun, um die Herren – Damen
sind dort eher selten anzutreffen – muss
man sich keine Sorgen machen. Zum einen
wurde gerade die Bereitstellung von
bis zu 15.000 Bundeswehrangehörigen
für den Einsatz im Inneren im Coronakrieg
beschlossen und damit klargestellt,
dass die neue Art der Kriegsführung auch
für die klassischen Militärapparate Perspektiven
bietet.
Die Verhängung und Durchsetzung des
Kriegsrechtes und der Einsatz gegen die
eigene Bevölkerung waren dem soldatischen
Denken noch nie fremd. Zum anderen
reden die Strategen seit einigen
Jahren vom Cyber War als dem zukünftigen
Feld der Kriegsführung, und die
boomende IT-Industrie, ohnehin in ihren
Ursprüngen weitgehend militärisch
geprägt, baut ihre bestehende enge Kooperation
mit Rüstungsindustrie und Militär
gern noch aus. Militärische Drohnen,
mit oder ohne Bewaffnung, sind nur ein
besonders auffälliges Beispiel der Integration
von Schwerindustrie und IT-Industrie
im Rüstungsgeschäft.
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