Wird die Currywurst
rehabilitiert?
Anmerkungen zur Diäthypothese zum Schutz vor
Herz-Kreislauf-Krankheiten, mit der bis heute Milliarden Umsätze
bei fett- und cholesterinarmen Produkten gemacht werden
Auf jeder Kennzeichnung der Inhaltsstoffe
unserer Lebensmittel findet sich die Menge
an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin,
die es zu vermeiden gilt. Sie sind vorwiegend
in tierischen Fetten wie Butter, Milch,
Käse, Fleisch, aber auch Schokolade enthalten.
Die Bezeichnung „gesättigt“ haben diese
Fette wegen ihrer chemischen Struktur,
die keine Doppelbindungen aufweist. Ungesättigte
Fettsäuren dagegen sind in pflanzlichen
Lebensmitteln und Fisch enthalten
und weisen eine (einfach-ungesättigt) oder
mehrere (mehrfach-ungesättigte) Doppelbindungen
auf. Gesättigte Fettsäuren sind
bei Raumtemperatur fest, ungesättigte Fettsäuren
dagegen flüssig. Durch Erhitzen und
Hydrierung lassen sich pflanzliche Öle härten
und in Transfette umwandeln, die in
Pommes, Chips, Tiefkühlpizza, Backwaren
und vielen anderen Fertigprodukten enthalten
sind und das Herz-Kreislauf-Risiko
nachweislich erhöhen.
von Dr. med. Helmut Lange
Omega 3-Fettsäuren gehören zu den ungesättigten
Fettsäuren und sind in pflanzlichen
Ölen und Fisch enthalten und haben
nachweislich eine herzschützende Wirkung.
Cholesterin ist ein wasserunlöslicher,
weißer, kristalliner Feststoff, der chemisch
vollkommen anders als die Nahrungsfette
aufgebaut ist. Lediglich 0,1 g des täglichen
Bedarfs von 1 g werden mit der Nahrung
aufgenommen, 90 % werden von der
Leber produziert. Durch vermehrte Zufuhr
von gesättigten Fettsäuren oder Cholesterin
kommt es nur zu einem geringen Anstieg
des Cholesterins im Blut, da der Cholesterinspiegel
von der Leber reguliert wird.
Die Cholesterinproduktion in der Leber wird
bei hoher Zufuhr heruntergefahren und umgekehrt.
Die deutsche Gesellschaft für Ernährung
empfiehlt, den Fettanteil der täglich
zugeführten Kalorien auf 30 %, den der
gesättigten Fettsäuren auf 10 % zu begrenzen.
Der Fettkonsum in den westlichen In-
Als ich vor 40 Jahren begann, Herzpatienten zu behandeln, war die Vermeidung von
tierischen Fetten bereits ein zentraler Glaubenssatz, den kein Arzt anzweifeln durfte.
Generationen von Herzinfarktpatienten wurden in den Rehakliniken vor den Gefahren
tierischer Fette und des Cholesterins gewarnt. Allenfalls ein mageres Stück Putenbrust
war zum Mittagessen erlaubt, natürlich ohne Soße. Viele meiner Patienten lebten
jahrelang in ständiger Angst, sich zu fetthaltig zu ernähren. Das Frühstücksei war eine
Gefahr für die Gesundheit, die Currywurst ein absolutes Tabu. Nun aber gibt es immer
mehr Wissenschaftler, die daran zweifeln, ob eine tierfettreiche Diät wirklich das Herz-
Kreislauf-Risiko erhöht.
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