MANIPULATION
DURCHSCHAUEN
Corona – ein Lehrstück
Die Gedanken sind frei.
So dichtete und sang man
im 19. Jahrhundert. Selbst im
Mittelalter schrieb ein Freigeist
„Das Band kann niemand
finden, das meine Gedanken
bindet.“ (Freidank, 1229)
Der Wunsch nach Selbstbestimmung im Denken ist
vermutlich so alt wie die Menschheit selbst – doch
ebenso alt ist das konkurrierende Bedürfnis, andere
Menschen zu etwas zu bewegen, das vorrangig
den eigenen Interessen dient. Zwang ist an dieser
Stelle eine Methode, die immer nur begrenzte Wirkung
hat, bis der Freiheitsdrang beim Gegenüber
wieder obsiegt. Die klügsten unter unseren Ahnen
machten sich also auf die Suche, ob es nicht doch
ein Band gäbe, das Gedanken zu binden und zu ihren
Gunsten zu formen in der Lage sein könnte: Sie
fanden eine Vielzahl von Fäden, aus denen Bänder,
Seile und Netze gesponnen werden konnten – die
Meinungsmanipulation entwickelte sich und dies
tut sie bis heute.
Vorbemerkung
Bevor wir einige dieser Bänder näher betrachten,
um uns nicht damit einwickeln zu lassen, eine Begriffsbestimmung:
Von Manipulation sprechen wir,
wenn verdeckte Interessen mit undurchschaubaren
Mitteln durchgesetzt werden, um damit Kontrolle
über andere Menschen zu gewinnen, sie in eine
gewünschte Richtung zu beeinflussen (Motive:
Lenkung, Kontrolle, Macht). Im Folgenden möchte
ich exemplarisch einige Techniken zur Kenntnis
bringen, vielleicht kommt Ihnen davon verschiedenes
bekannt vor.
Erzeugung von Angst
„Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache.
Es funktioniert bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst,
um eine Rede zu halten.“ (Mark Twain) Sie
kennen es vielleicht von Prüfungen: Daheim unter
entspannten Bedingungen funktionierte das Gehirn
noch prächtig, alle Gedanken wohlsortiert und abrufbar,
dann in der Prüfung unter Stress und Angst
vor Versagen der Blackout (oder zumindest nur unvollständig
abrufbares Wissen und Denken).
Unter Angst starren wir wie das Kaninchen auf die
Schlange, bekommen einen Tunnelblick, das Gehirn
ist basal auf Kampf oder Flucht, nicht auf komplexe
Sachverhalte und Fragestellungen geschaltet. Das
war zum Überleben genau richtig. Wenn wir nun eine
Gefahr suggeriert bekommen, beispielsweise eine
Pandemie, dann löst dies noch immer diese alten
Muster aus: Wir reduzieren und verengen unsere
Funktionen des Denkens und Wahrnehmens
selektiv auf das, was unmittelbar mit der Gefahr
verbunden ist und sind gleichzeitig extrem empfänglich
für das, was uns Sicherheit verspricht.
Wie stark dieses Mittel wirkt, wissen auch alle Eltern,
die schon einmal mit Knecht Ruprecht oder
anderen bösen Gesellen gedroht haben, sofern
die Kinder noch daran glauben: Das Verhalten verändert
sich meist sofort in die gewünschte Rich-
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von Dipl. Psychologin Susanne Begerow