14
WO IST
DIE ERSTE
WELLE?
Spurensuche in den Daten des RKIs und des Statistischen Bundesamtes
Seit Monaten traktieren die Medien uns mit numerischen und grafischen Bedrohungsszenarien. Es wird dabei
eine Scheinwirklichkeit konstruiert, welche die Angst vor Ansteckung, Krankheit und Tod befördert und uns
glauben lässt, die drakonischen Maßnahmen und insbesondere die Grundrechtsverweigerung seien Notwendigkeiten
im „Kampf gegen die Pandemie“. Doch was sehen wir wirklich, wenn wir auf die Dashboards des RKIs
und die Grafiken von destatis.de schauen?
Die Wichtigste vorweg: Wir sehen immer
kumulative Zahlen, das heißt „aufhäufende“
Zahlen. Dabei entstehen naturgemäß
wachsende Summen. Die
kumulative Zählweise führt immer zu einem
ungebremsten Anstieg – gleichgültig,
was hier gezählt wird. Selbst als seit
Mai die Zahl der Todesfälle pro Tag massiv
zurückging, stiegen die Zahlen in der
kumulativen Zählung natürlich weiter.
Wären Sterbezahlen rückläufig, hätten
wir ein Zombie-Problem. Das kumulative
Zählen der „Fälle“, die nie Erkrankte
waren, nie Ansteckungsfähige waren,
sondern nur positive Testergebnisse,
erzeugte auch ein bedrohliches Bild.
Natürlich steigen auch hier die Zahlen
– wie sollte es auch anders sein? Eine
differenzierte Zählweise blieb uns unser
Krisenmanagement schuldig. Diese
Zählweise hätte beschreiben müssen:
Wie viele Menschen tragen ein lebensfähiges
und vermehrungsfähiges Virus
in sich? Wie viele Menschen, die das
Virus tragen, erkranken (mild, leicht,
schwer)? Wie viele Menschen sterben
an COVID-19 (= tragen ein lebendiges
Virus und haben eine COVID-19-Symptomatik
und keine andere Todesursache)?
Dazu hätte für jeden Verdachtsfall
die Anzucht des Erregers in Kultur erfolgen
müssen, um sicherzustellen, dass
die Symptome tatsächlich die Folge der
SARS-CoV-2-Infektion sind.
Wären Sterbezahlen rückläufig,
hätten wir ein Zombie-Problem
Wie also können wir einen belastbaren
Blick auf die Ereignisse werfen, wenn
uns die transparenten Daten fehlen? Neben
den Antikörperstudien, die uns heute
zeigen, dass COVID-19 in seiner Gefährlichkeit
einer Influenza entspricht1,
sind es als Näherungswerte die Sterbestatistiken.
Ein Wert steht uns in den
Vergangenheitsdaten zur Verfügung,
mit dem wir beurteilen können, ob wir
in 2020 von einer furchtbaren Seuche
heimgesucht wurden, welche die Menschen
in bisher nie dagewesener Weise
erkranken und sterben lässt: Es sind
die Sterbefallzahlen. Diese unterscheiden
zwar nicht, wer an COVID-19 gestorben
ist, aber ihre absolute Zahl kann
dazu dienen, zu prüfen, ob die Verbreitung
eines neuen Corona-Virus zu einer
Erhöhung der Gesamtsterblichkeit führte.
von Victor Conradt
Das geschah aber nicht – die Zahlen
weisen im gesamten Jahr an keiner
Stelle auf ein pandemisches Ereignis
von besonderer Kraft hin. Im Gegenteil:
Die Analyse der Sterbefallzahlen, welche
das Statistische Bundesamt uns liefert,
zeigt ein durchschnittliches Sterbegeschehen
in Deutschland. Schaut man
aber genauer hin und vergleicht die letzten
Jahre miteinander, stellt sich heraus:
2020 ist ein Jahr der Untersterblichkeit.
Und diese ist nicht gering. Denn nicht
nur, dass weniger Menschen als in den
Vorjahren starben, sondern es starben
viel weniger Menschen, als hätten sterben
müssen. Warum ist das so?
Ganz einfach: Die demografische Entwicklung
verändert mit dem Altern der
Gesellschaft auf natürliche Weise den
Anteil der Menschen, deren Alter bereits
über der durchschnittlichen Lebenserwartung
liegt. In der Altersgruppe über
80 Jahre, welche auch die Kernrisikogruppe
von COVID-19 und Influenza ist,
leben fast eine Million mehr Menschen
als noch in 2016. Es starben aber nicht
mehr, sondern weniger Menschen als im
Mittel der Vorjahre2.
Quellen:
(1) Prof. Dr. John Ioannidis Meta-Studie, veröffentlicht von der WHO: https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf • (2) Die Behauptung, in Deutschland sei nichts passiert, weil die
Präventionsmaßnahmen so gut gegriffen hätten (Präventionsparadoxon), ist widerlegt. Denn schon am 18.03.2020, dem Tag des Lockdowns, waren die Infektionszahlen bereits rückläufig. Der R-Wert
lag am Tage des Lockdowns bereits unter der magischen 1. Der Maskenzwang wurde erst am 24.04.2020 verhängt, da war der Abschwung der Zahlen bereits überdeutlich sichtbar. Das bestätigt das
RKI bereits im Bulletin 17-2020 und in den weiteren Ausgaben. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/17_20.pdf?__blob=publicationFile