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lebten, nahm er tatsächlich zur Kenntnis.
Die Konsequenzen und die Frage
der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmenschäden
zum vermeintlichen Nutzen
aber schienen ihn nicht zu erreichen. Seine
Fragestellungen wiesen schon im Vorgespräch
einen verinnerlichten Suchauftrag
aus, der die aktuellen Klischees und
Vorurteile reproduzierte. Obwohl er auf
keiner der großen Grundrechts-Demonstrationen
war, maßt er sich ein Urteil an.
Es basiert – wie auch sonst – auf der Berichterstattung
seiner Lieblingsmedien –
Kollegen vom Fernsehen und dem „Spiegel“.
Also ging es in seinen Fragen um
die Rechten auf den Demos, die Reichsbürger,
die Aluhüte, die Verschwörungstheoretiker,
die Alten, die man sterben
lassen wolle und allerlei emotionale Aspekte,
die Unvernunft der Kritiker, die
Notwendigkeit, sich den Maßnahmen unterzuordnen
und so fort – das ganze faktenfreie
Framing.
Es ging nur selten um Tatsachen und
Zahlen – und im Hinblick auf die Bürgerrechtsbewegung
ging es stets nur um
die Randnotizen mit besonders skurrilen
oder abwegigen Erscheinungen, nicht
um die große Zahl der bürgerlichen Menschen
unterschiedlichster Herkunft, die
nichts anderes wollen, als die Demokratie
und die Grundrechte wiederherzustellen.
Dass das überhaupt kritikwürdig sein
konnte, in Deutschland im Jahr 2020, war
mir unvorstellbar. Für ihn war es die zweite
Haut.
Er fand es inakzeptabel, dass ich vom
„Corona-Kabinett“ geschrieben hatte –
obgleich dies die offizielle Bezeichnung
der neuen verfassungswidrigen Regierungsform
von Kanzlerin Merkel ist2. Er
überblickte nicht, dass durch das Infektionsschutzgesetz
die parlamentarische
Demokratie in weiten Teilen ausgehebelt
war und kritisierte auch diese Aussage.
Er übersah vollständig, dass der Bundesrat
weitestgehend aus den Entscheidungsprozessen
herausgehalten wurde
und damit die Zweikammerdemokratie
und der Förderalismus ruhten. Er kannte
nicht die beiden Säulen der „Pandemie“
– nämlich die vermeintliche Gefährlichkeit
von SARS-CoV-2 und der nicht valide
Nachweis der Verbreitung durch die ungeeigneten
und nicht zugelassenen PCRTests.
Aber er hatte, bei all dem profunden
Unwissen, zu allem eine ausgeprägte
Meinung, deren Selbstsicherheit irritieren
konnte.
Wir gingen also viele Fakten durch, ich
sendete ihm im Nachgang Dutzende
Nachrichten mit Hinweisen und Quellen,
damit er sich weiter sachkundig machen
konnte. Ein Auszug der Daten, die ich ihm
zur Verfügung stellte, findet sich – anonymisiert
– in unserer Dokumentation3. Der
Vergleich zwischen den Daten und Analysen,
die ihm zur Verfügung standen, und
dem sonderbaren Stück, das er aus den
Optionen zusammenbastelte, bilden gemeinsam
ein Zeitdokument – ebenso wie
der Nachdruck der ersten großen Corona
Artikel im LAUFPASS (Mai und August)
und die Rezeption in der Nordsee-
Zeitung (ab Seite 111). Wir zeigen damit
auf, wie wenig Bedeutung Fakten in der
Berichterstattung von Funk und Print in
der Corona-Krise spielen. Es geht stets
um Emotionen, Vorwürfe, Etikettierungen,
Diffamierung und die Aufrechterhaltung
des Glaubens an eine Katastrophe,
der sich nun alle unterzuordnen hätten.
Ob der Kaiser tatsächlich neue Kleider
trägt, darf nicht angezweifelt werden.
Symbolbild: wellphoto/shutterstock.com – ergänzt durch das Radio Bremen Logo auf dem Mikrofon