Am liebsten würde natürlich die Pharmaindustrie
diese Überwachung in Eigenverantwortung
erledigen, als „freiwillige
Selbstkontrolle“. Wegen der Lockerungen
des Datenschutzes durch
den jetzigen Gesundheitsminister und
wegen seiner engen Kooperation mit
der Datenwirtschaft und der Pharma-
und Impfstoffindustrie sind wir nicht
mehr weit von einer solchen feindlichen
Übernahme öffentlicher Aufgaben
entfernt.
Die Angst vor einer Seuche
als Erntehelfer für Big Data
Die großen Datenfirmen reiben sich ohnehin
die Hände, denn für sie kam die
„Pandemie“ wie gerufen. Nach einigen
Gefälligkeiten des Gesundheitsministers
im Vorjahr — digitaler Impfausweis,
elektronische Patientenakte, Implantate
Register, gematik-Übernahme et cetera
— schlagen sie jetzt mit Kontakt-
Apps, Registrierung von Getesteten,
mit Meldungen über Kontakte, Mobilität
und Hygienedisziplin so richtig zu.
Sogar aufgetretene Symptome sollen
in Zukunft zentral gesammelt werden.
Da so etwas die staatliche Verwaltung
überfordert, freuen sich die großen Datenfirmen
nicht nur über staatliche Aufträge,
sondern haben auch noch unsere
intimsten Gesundheitsdaten in ihren
Rechnern. Der Datenschutz wird natürlich
zugesichert.
So werden wir langsam zur gläsernen
Gesellschaft. Unter dem Vorwand von
medizinischer Forschung oder eines
Gesundheitsmonitorings werden jetzt
immer vollständiger unsere Gesundheitsdaten
von der Wiege bis zur Bahre
gesammelt. Bei Covid-19 angeblich
zur seuchenprophylaktisch notwendigen
Auswertung und zur Erforschung
und Verbesserung neuer Impfstoffe.
Aber was interessiert Google, Apple,
Amazon, Microsoft, SAP, Avarto/Bertelsmann
und andere schon unsere
Gesundheit? Sie brauchen unsere Daten
als das „Gold der Zukunft“ für ihre
Geschäfte, denn primär müssen sie
nicht uns versorgen, sondern ihre Aktionäre.
Das sind zwar legitime Eigeninteressen,
aber es ist nicht legitim,
wenn ein Lobbyist im Ministeramt sein
öffentliches Amt missbraucht, um die
Wirtschaft durch hektische Datengesetze
und Notverordnungen mit unseren
Gesundheitsdaten zu füttern. Was
hat er davon? Kann man das mal untersuchen?
Korruption und Amtsmissbrauch
waren in Deutschland bisher
der Strafverfolgung zugänglich.
Keine gute Therapie
ohne saubere Diagnose
Ob etwas gefährlich ist, erkennt man
am besten an den Schäden, die es anrichtet.
Die gilt es rechtzeitig zu erkennen
und genau, systematisch und prospektiv
zu beobachten. Zum Beispiel
durch Sentinels, wie das RKI sie betreibt
oder wie ein verantwortungsbewusster
Amtsarzt aus Bayern und andere es
vorschlagen. Immer häufiger kommen
auch Klinikärzte in mehreren Ländern
aus der Deckung und fragen nach den
angeblich so vielen Covid-19-Kranken.
Es bezweifelt keiner, dass es Kranke mit
Atemwegserkrankungen auch in diesem
Jahr gibt, auch mit neuen Viren und mit
schweren Verläufen. Und dass auch bei
diesen der PCR-Test positiv ausfallen
kann. Nur dass wir massenhaft Kranke
haben, die wegen eines neuen Coronavirus
die Klinikbetten überfüllen, das ist
offensichtlich falsch.
Auch zur Situation in den Ambulanzen
der Kassenärzte habe ich gerade folgende
entrüstete E-Mail bekommen:
„Erst gab es keinen Cent für die Tests,
und viele Kollegen — fast alle bei uns in
der Region — haben so gut wie gar nicht
getestet. Nun bekommen wir für einen
Test — Dauer: 1 Minute — beim gesunden
Menschen mehr Geld (15 Euro) als
für eine komplette Abdomen-Sonographie
bei akutem Abdomen (15 Minuten
für 12 Euro). Deshalb wird jetzt plötzlich
überall getestet.“
Man erkennt auch hier: Die Viren sind
nicht das Problem.
Die wahre Seuche ist die
institutionelle Korruption
In meiner bisherigen Arbeit als Arzt,
als Abgeordneter und als ehrenamtlicher
Antikorruptionskämpfer habe ich
mit den großen Playern in der Agrarindustrie,
der Energiewirtschaft, der privaten
Rüstungs- und „Sicherheits“-Industrie,
der Medienwelt und natürlich
besonders der Arzneimittel- und Impfstoffbranche
genügend Beispiele für
groß angelegten Wissenschaftsbetrug,
fingierte Katastrophen, gekaufte Analysen
und Faktenchecker, heimliche
Lobbystrategien, Psyoping, Astroturfing,
professionelle Störer, Provokateure
oder Shitstormer sammeln können.
Seit die einfache Beamtenbestechung
immer mehr der privaten Übernahme
ganzer Ämter und öffentlicher Institutionen
gewichen ist, wird die Sache allerdings
rechtlich sehr kompliziert. Sowohl
für bezahltes Lobbying und Agenda
Setting als auch für Rechtsanwälte
zur Verteidigung dagegen braucht man
viel Geld.
Einige haben davon viel, und andere
können sich das nicht leisten. Was
wir jetzt erleben, ist das Ergebnis dieser
gesellschaftlich desolaten Schieflage.
Da hilft es auch nicht, wenn ein
paar Milliardäre meinen, sie könnten
die Rettung der Welt (ver)kaufen. Wie
immer solche Rettung in den Köpfen
selbsternannter Philanthropen auch
aussehen mag, sie kann nur in Gewalt
und Unterdrückung münden. Wie oft
haben wir schon geglaubt, diese archaischen
autokratischen Muster durch
Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit überwunden zu haben?
Noch gibt es leider keine Impfung
gegen Korruption.
Wolfgang Wodarg, Jahrgang
1947, ist Internist und
Lungenarzt, Facharzt für
Hygiene und Umweltmedizin
sowie für öffentliches
Gesundheitswesen
und Sozialmedizin. Er
arbeitete unter anderem
als Amtsarzt in Schleswig-
Holstein, Lehrbeauftragter
an Universitäten und
Fachhochschulen
sowie Vorsitzender des
Fachausschusses für
gesundheitlichen Umweltschutz
bei der Ärztekammer
Schleswig-Holstein. 2009
initiierte er in Straßburg den
Untersuchungsausschuss
zur Rolle der
Weltgesundheitsorganisation
bei der Schweinegrippe.
29
Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist unter einer Creative
Commons-Lizenz (Namensnennung –
Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0
International) lizenziert. Unter Einhaltung der
Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten
und vervielfältigen.