50
BEGEGNUNG
MIT DEM
STAATSFUNK
TEIL 1:
Der letzte Versuch
Eigentlich war klar, auf was eine Begegnung
mit dem Staatsfunk1 hinauslaufen
würde. Aber dennoch war es einen Versuch
wert, einem jungen Radio-Kollegen
näher zu kommen, in der Hoffnung, er
würde seine ideologischen Scheuklappen
ein wenig öffnen und seine Vorurteile
infrage stellen, um einer aufklärenden
und wissensbasierten Bewertung der gegenwärtigen
Situation Raum zu geben.
Ein naiver Versuch. Aber ein aufrichtiger.
Als die Anrufe von Radio Bremen Zwei
kamen, war ich erst wenig geneigt, mit
dem Redakteur zu sprechen. Seit Monaten
erlebten wir unabhängige Journalisten
den Staatsfunk als verlängerten Arm
der Regierenden. Immer wenn die Exekutive
quasi wie in einer Messe die nächsten
Einschränkungen für die Bevölkerung
verlas, verbreiteten die Sender die Botschaft
unter den Menschen. Statt ihrer
journalistischen Aufgabe nachzukommen
und die Maßnahmen und Begründungen
zu hinterfragen, konzentrierten sie
sich auf drei Kerntätigkeiten: Sie erklärten
den Bürgern die Maßnahmen, deren
Notwendigkeit und ihre korrekte Umsetzung;
sie verbreiteten Angst und Schrecken
durch ein Stakkato an Horrormeldungen
und fingen schließlich schon bald
damit an, Andersdenkende journalistisch
zu verfolgen. Damit waren sie nicht allein.
Das taten und tun noch immer die
meisten Medien im Land. Sie exekutieren
medial dabei auch Ärztepräsidenten, führende
Naturwissenschaftler, Amtsärzte,
Epidemiologen, Politiker, medizinische
Berufsverbände und andere mehr – aber
immer häufiger auch Journalisten, die auf
Informationen hinweisen, welche der Bevölkerung
vorenthalten werden.
Es war also zu erwarten, dass hier von
Radio Bremen Zwei ein weiteres Diffamierungsstück
inszeniert werden sollte.
Wozu also die wertvolle Zeit verschwenden?
Eine gute Freundin nannte mir zwei
Gründe: „Wenn Du den Diskurs einforderst,
darfst Du ihn nicht verweigern.“
Und: „Vielleicht kannst Du ja ein paar gute
Botschaften transportieren, die den einen
oder anderen Menschen zum Nachdenken
bewegen.“ Also gab ich nach. Es
gab einen kurzen Austausch per Telefon
und einen erweiterten per Mail zur Vorbereitung
eines Vorgespräches. Danach
wollten wir entscheiden, ob ein Interview
sinnvoll sein könnte.
Er willigte ein und wir trafen uns bei mir
zu Hause. Zur Begrüßung gaben wir uns
verordnungswidrig die Hand wie freie
Menschen und saßen dann drei Stunden
unmaskiert in der Küche, tauschten
bei Cappuccino und Wasser Gedanken
und Fakten aus. Er schilderte seine
Erfahrung im ersten Lockdown. Und es
klang so anders als die Erschütterungen,
die Tausende Menschen erleben mussten,
als ihre Firmen geschlossen waren,
sie ihren Job verloren, auf Kurzarbeit gingen.
Es klang so, als sei für den Reporter,
von Wolfgang Jeschke
Ehemann und Vater dreier Kinder der
Lockdown ein interessantes Sozialexperiment
und eine gute Selbsterfahrung gewesen.
Es gab ein wenig häusliche Konflikte
und Überforderung. Aber sonst: alles
gut! Finanzielle Sorgen hat er nicht
– er verdient sein Geld beim Staatsfunk
und ist quasi abgesichert wie ein Beamter,
seine Frau ist Ärztin. Um für die Kinder
neue Erlebnisoptionen zu schaffen,
kamen ein paar Hühner ins Haus und lockerten
den Lockdown auf. Statt Existenzängste
zu erleiden, konnte man mit
dieser Zeit, die so anders war, auch etwas
anfangen. Und nun war er da, hatte
den Artikel in der Nordsee-Zeitung
über den LAUFPASS gelesen und wollte
einen „Corona-Kritiker“ sprechen. Es
kostete einiges an Mühe, ihm zu vermitteln,
dass ein Journalist, der Fakten zusammenstellt,
welche eine andere Sichtweise
auf die Krise ermöglichen könnten,
seinen Job macht. Corona kann man
nicht kritisieren. Der Erreger ist da und
kann – so wie es scheint – Menschen gefährlich
werden. Vermutlich in etwa so,
wie andere Erreger in anderen Jahren
auch. Vielleicht etwas mehr oder weniger.
Und wenn dem so ist, stellt sich die
Frage, ob die Zerstörung der Wirtschaft
und die Aufhebung der Grundrechte eine
ausreichende Begründung haben. Ob
die Maßnahmen verhältnismäßig sind, ob
sie geeignet sind, ob sie dem Übermaßverbot
folgen.
Dass es der Bevölkerung, die von echter
Erwerbstätigkeit lebt, nicht so leicht fiel,
den Lockdown auszuhalten wie den Privilegierten,
die von öffentlichen Mitteln