Der Kriegsersatz
Bisher haben Kriege als Anlass für massive Kapitalvernichtung gedient —
offenbar erfüllt Corona jetzt denselben Zweck auf weniger gewalttätige Weise.
Ohne die Verbreitung von Atomwaffen wäre der aktuelle Coronafeldzug
weder möglich noch nötig gewesen. Dass er stattfindet,
ist ein zivilisatorischer Fortschritt. Das klingt etwas verrückt?
Kann sein. Aber wenn man in verrückten Zeiten die Welt
verstehen will, sollte man auch Gedankengänge prüfen, die zunächst
verrückt erscheinen mögen. Womöglich stellt sich heraus,
dass die Dinge letztlich doch mit einem soliden alten vulgärmarxistischen
Weltbild erklärbar sind.
Kapitalismus ist ohne Krieg nicht zu haben
Wir leben in einer Zeit, in der das Prinzip des Kapitalismus die
Welt bis nahezu in den letzten Winkel beherrscht, und bis in die
privatesten und intimsten Regungen der Menschen. Das setze
von Stefan Richter
ich hier als gegeben voraus und verzichte auf Nachweise – wer
diese Prämisse nicht teilen mag, wird auch am Folgenden keine
Freude haben.
Das Prinzip des Kapitalismus ist die Profitmacherei. Anders ausgedrückt:
Kapital, in der Form von Geld und geldwerten Besitztümern,
muss laufend in einer Weise verwertet werden, die zur
Vermehrung ebendieses Kapitals führt. Das ist das Prinzip, dem
sich alles unterzuordnen hat, koste es, was es wolle, auch gelegentlich
das Leben von Millionen von Menschen. Deren Elend
und Tod sind seitens des Kapitals gar nicht böse gemeint, sondern
eben einfach gerade für die Kapitalverwertung notwendig,
oder auch nur ein Kollateralschaden, der nicht so wichtig ist.
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„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“, sagte der französische Sozialrevolutionär Jean
Jaurès. In satten Zeiten, in denen viele Menschen schon fast alles haben, was sie brauchen, ist der Markt irgendwann
gesättigt. Schlecht für die angestrebten Wachstumsraten des Kapitals. Im Krieg dagegen verdienen Geschäftemacher
doppelt: zuerst bei der Zerstörung, dann beim Wiederaufbau. Eine Kapitalvernichtung im erwünschten
Ausmaß würde wohl nur ein wirklich großer Krieg bringen. Doch die atomare Bewaffnung mit der Gefahr der totalen
Auslöschung der Menschheit steht dem entgegen. Was tun? Corona könnte für die Kapitalfraktion die erwünschte
Lösung darstellen: größtmögliche wirtschaftliche Verwüstungen, aber eine besser dosierbare Vernichtung
von Menschenleben. Vielleicht – so könnte man schlussfolgern – wäre uns Corona erspart geblieben, gäbe
es keine Atombombe.