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Ist der Masernimpfzwang ein Trojaner?
Viele Neuregelungen des Infektionsschutzgesetzes
wurden in der Folge der Einführung
des Masernimpfzwangs vorgenommen. Dieser
Impfzwang wird schon bald von den Verfassungsgerichten
geprüft werden. Der seit
März 2020 geltende Masernimpfzwang leidet
jedoch unter rechtlichen, formalen und
medizinischen Mängeln. Bei einer Durchimpfungsrate
von 97 % der Kleinkinder mit
einer Erstimpfung, die wir bereits ohne den
Impfzwang erreichen, ist es fraglich, ob der
Impfzwang eine Verbesserung bringen wird.
Untersuchungen in Ländern mit Impfzwang
belegen, dass dort die Impfquote deutlich
niedriger als in Deutschland ausfallen kann.
Damit wäre die Maßnahme nicht geeignet,
das Ziel zu erreichen und verfassungsrechtlich
fragwürdig. Überdies ist eine Quote von
97% sehr hoch und die Immunisierung sorgt
schon jetzt dafür, dass Maserninfektionen
zu den medizinischen Raritäten gehören und
schwere Verläufe so gut wie gar nicht mehr
beobachtet werden.
Die Gesamtzahl der gemeldeten Maserninfektionen
betrug laut dem RKI Jahrbuch
Meldepflichtiger Infektionserkrankungen
im Jahr 2018 ganze 543 Fälle in Deutschland.
Das RKI berichtet über die Folgen der
Infektionen: Dort, wo es Angaben zu möglichen
Komplikationen der Maserninfektion
gab (in 400 der 543 Fälle), wurde in 95%
der Fälle berichtet, dass keine Komplikationen
vorlagen. „Bei 9 der 400 Erkrankungen
wurde eine Lungenentzündung und bei
2 Patienten eine Mittelohrentzündung im
Verlauf der Masern-Erkrankung dokumentiert.
Zudem waren ebenfalls 2 Erkrankungen
mit einer Darmkomplikation vergesellschaftet.“
Das war es in 2018 – und berechtigt
die Kritiker des Impfzwanges zur Frage
nach der Verhältnismäßigkeit der durch das
Bundesgesundheitsministerium umgesetzten
Zwangsimpfung, die immer einen Eingriff
in die körperliche Unversehrtheit und
ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellt.
Die Liste der Risiken und Nebenwirkungen
der MMR-Impfung ist nämlich lang und bedrohlicher
als die Liste der seltenen Masernkomplikationen.
Impfnebenwirkungen sind
in den Packungsbeilagen der Impfstoffe aufgelistet,
darunter finden sich Fieberkrämpfe,
Gelenkentzündung, plötzliche lebensbedrohliche
allergische Reaktion, Entzündung
der Hirnhäute, des Gehirns, des Rückenmarks
und der peripheren Nerven, Guillain-
Barre-Syndrom (aufsteigende Lähmungen
bis hin zur Atemlähmung), Kawasaki-Syndrom,
Erythema exsudativum multiforme
(Symptome sind rote, oft juckende Flecken,
ähnlich dem Masern-Hautausschlag, die an
den Gliedmaßen und manchmal im Gesicht
und am restlichen Körper beginnen) usw..
Eltern, die ihren Kindern diese Impfstoffe
spritzen lassen, willigen ein, dass ihr Kind
möglicherweise diese Impfschäden erleidet.
Die Hersteller geben bei den schwereren
Impffolgerisiken eine Häufigkeit von bis
zu 1 von 1.000 Impfungen an (Zitat: Nebenwirkungen,
die bei bis zu 1 von 1.000 Impfstoffdosen
auftreten können). Da die Masernimpfung
aber wiederholt werden muss,
steigt das Risiko je geimpftem Kind automatisch
an.
Auf einen erheblichen formalen Mangel des
Masernimpfzwangs weist der Deutsche
Ethikrat in seiner Stellungnahme „Impfen
als Pflicht“8 hin. Hier gibt der Ethikrat der
Politik eine wichtige Botschaft mit auf den
Weg: „Würde eine staatliche Impfpflicht eingeführt,
müsste die praktische Möglichkeit
geschaffen werden, nur gegen diejenige
Krankheit zu impfen, auf die sich die Pflicht
bezieht. Dementsprechend wäre sicherzustellen,
dass die entsprechenden Monopräparate
verfügbar sind.“ Im Moment gibt
es für die Masernimpfung in Deutschland
nur Mehrfachimpfstoffe, die mindestens
drei Immunisierungen enthalten (Masern-
Mumps-Röteln = MMR). Ein Masernimpfzwang,
der nur mit diesen Präparaten umgesetzt
werden könnte, wäre automatisch
ein Impfzwang auch gegen Mumps und Röteln.
Dieser ist aber gesetzlich nicht verankert.
Die Deutsche Apothekerzeitung (DAZ)
wies auf das Dilemma9 hin: „Die Masernimpfung
ist in Deutschland Pflicht, aber es gibt
keine zugelassene Impfung: Zumindest keine,
die sich nur gegen Masern richtet. Ein
Einzelimpfstoff konnte bislang noch in der
Schweiz bestellt werden – nun gibt es Lieferprobleme.
Eltern sehen sich dadurch endgültig
zur Dreifach-Impfung gegen Masern,
Mumps und Röteln (MMR) gezwungen, oder
zu Vierfach-Variante Masern, Mumps, Röteln
und Windpocken (MMRV).“ An anderer Stelle
berichtet die DAZ10: „Eine Apothekerin aus
Baden-Württemberg hat zu diesem Dilemma
die Politik befragt – Spahns Antwort: Es besteht
kein Bedarf an monovalenten Masernimpfstoffen,
und das ledigliche Vorhandensein
von Masern-Mumps-Röteln-Impfstoffen
hebelt die Impfpflicht nicht aus.“
Verfassungsjuristen vertreten hier eine
gänzlich andere Position: Wenn der Staat
seinen Bürgern eine Pflicht auferlegt, muss
er die Voraussetzungen schaffen, damit die
Bürger die Pflicht erfüllen können. Im Fall
des Masernimpfzwangs muss der Staat also
dafür sorgen, dass es einen Monoimpfstoff
gibt. Dass Spahn so lässig auf den Monoimpfstoff
verzichtet, erscheint kurios. Er
riskiert damit, dass das Verfassungsgericht
den Masernimpfzwang kippt.
Vielleicht ist es Jens Spahn aber auch egal.
Mit der Einführung des Masernimpfzwangs
hat er das Infektionsschutzgesetz massiv
verändert und einen generellen Impfzwang
eingeführt. Damit wurde die Voraussetzung
dafür geschaffen, auch bei künftigen Erkrankungswellen
oder als solche stilisierte Ereignisse
Impfkampagnen staatlich anzuordnen
und mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen.
Dann wäre der Masernimpfzwang von vornherein
nur ein Trojaner gewesen.
Quellen:
(1) https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/09/23/spahn-keine-schnellschuesse-keine-impfpflicht • (2) https://www.deutschlandfunk.de/newsblog-zum-coronavirus-entwicklungen
vom-11-oktober.2852.de.html?dram:article_id=485617 • (3) https://www.tagesspiegel.de/wissen/impfpflicht-debatte-ethikrat-ist-gegen-zwang-zu-impfungen/24497874.html • (4) https://www.deutsche
apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/09/23/spahn-keine-schnellschuesse-keine-impfpflicht • (5) https://www.buzer.de/1_Masernschutzgesetz.htm • (6) https://www.buzer.de/gesetz/2148/
al85909-0.htm • (7) https://www.buzer.de/gesetz/2148/al85918-0.htm • (8) https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-impfen-als-pflicht.pdf • (9) https://
www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/08/17/einzelimpfstoff-gegen-masern-auch-als-import-nicht-mehr-verfuegbar • (10) https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/
2019/08/29/kein-bedarf-an-masern-monoimpfstoffen