Lieber
Thorsten Brockmann,
herzlichen Dank für Ihren Artikel, den Sie
in der Nordsee-Zeitung vom 03. September
veröffentlicht haben. Anfangs war
ich etwas irritiert, weil Sie nahezu keine
Information oder Aussage aus unserem
ausführlichen Telefonat vom 02.09. wiedergegeben
oder eingebaut haben. Ich
habe sie am Ende nochmal angefügt und
hoffe, dass Sie sich diese einmal kritisch
ansehen. Eines Vorweg: Sie beginnen Ihren
Text mit der unrichtigen Behauptung:
„Corona? Gibt’s doch gar nicht.“ Damit
vermitteln Sie den Eindruck, wir würden
an der Existenz von Corona-Viren zweifeln.
Diese Aussage werden Sie nirgendwo
in unseren Artikeln finden. Denn es
gibt diese Viren schon lange. Deshalb finden
Forscher ja auch eine Kreuzimmunität
gegen das aktuelle SARS-CoV2.
Wofür ich Ihnen besonders dankbar bin,
ist, dass Sie mit Ihrem Text belegen, was
ich seit Wochen kritisiere. Sie schreiben:
„Er sei kein Corona-Leugner, sagt
Jeschke, aber wer sich kritisch mit dem
Thema auseinandersetze, der werde diskreditiert
und diffamiert – vor allem in
den Medien. Die pflegten wie staatliche
Stellen nur eine Angstkultur.“ Nun – so
habe ich es nicht formuliert, aber im Kern
haben Sie die Idee richtig erfasst. Ihr gesamter
Text ist der beste Beweis für meine
Kritik und für eine feindliche Haltung
gegenüber einem auf Fakten basierenden
Diskurs. Sie tun hier genau das, was
ich auch den anderen Medien in gleicher
Weise vorhalten kann. Sie versuchen,
missliebige Äußerungen und die Verbreitung
von überprüfbaren Fakten zu verhindern
und zielen darauf ab, andere zu
beschädigen und herabzuwürdigen. Ihr
Kommentar ist genau jene Diffamierung,
die derzeit Wissenschaftler, Journalisten,
Bürger, Demonstranten, Kulturschaffende,
Philosophen und andere mehr ertragen
müssen, wenn sie sich kritisch zu
Wort melden und der Öffentlichkeit auf
der Basis von Fakten eine eigene Möglichkeit
zur Meinungsbildung eröffnen.
Dabei übersehen Sie, dass Sie im gleichen
Atemzug sehr viele selbstdenkende
Leserinnen und Leser der NZ diffamieren,
die sich derzeit nichts mehr wünschen,
als einen offenen Diskurs über die
wichtigen Fragen rund um Lockdown, Virus
und Menschenrechte.
Ihr Motiv, hier einen Text zu verfassen,
der aus einer Zusammenstückelung von
Vorwürfen, Zitaten und Unterstellungen
basiert, der mich und offenkundig auch
andere falsch wiedergibt, ist mir unbekannt.
Es macht mich sprachlos, wie
Sie jede Chance zu einem Diskurs und
einer sachorientierten Auseinandersetzung
vermeiden und im Stil eines Propagandisten
die Emotionen der gerne Entrüsteten
bedienen. Mein Motiv habe ich
Ihnen genannt und ich verdeutliche es
erneut: Wenn ich als Wissenschaftsjournalist
anhand der offiziellen Daten erkenne,
dass die Situation anders ist, als man
sie den Menschen im Land beschreibt,
ist es meine Pflicht, dem nachzugehen.
Auch wenn ich dafür unter Druck gesetzt
werde. Das habe ich dann auszuhalten.
Der Presseausweis ist der Vertrauensvorschuss,
den uns die Gesellschaft gibt,
in der berechtigten Erwartung, dass wir
rechtschaffen und um Ehrlichkeit und Offenheit
bemüht, Fakten sammeln, zusammentragen,
ordnen und präsentieren, damit
die Menschen sich eine eigene Meinung
bilden können.
Ich möchte Ihnen aber auch aus einem
ganz anderen Grund danken. Ihr Text
hat mich im ersten Moment geärgert,
weil er darauf verzichtet, Sachverhalte
zu beschreiben und nur das Ziel hat, einen
Menschen zu entwürdigen und ihm
zu schaden und damit auch andere Menschen
in unserem kleinen Team. Das ist
sehr unanständig. Aber bereits am frühen
Morgen ging die soziale Sonne auf.
Seit 6 Uhr erreichen uns, mein engagiertes
Team und mich, zahllose Nachrichten
per Mail und Telefon, in denen man uns
Mut zuspricht, uns Unterstützung zusagt
und dies in einer zugewandten Weise tut,
dass ich wirklich berührt bin.
Ein letzter Hinweis, der ebenfalls mit
Werteorientierung im Leben zu tun hat:
Sie schreiben und zitieren mich mit „Er
sei „kein Spinner, kein Aluhut und kein
Nazi“ – Der Wortlaut war: „Ich bin kein
Spinner, kein Aluthutträger, ich bin Antifaschist
und Wissenschaftsjournalist.“
Kein Nazi zu sein oder ein Antifaschist zu
sein, ist mehr als ein semantischer Unterschied.
Antifaschismus ist eine Bürgerpflicht.
Der Faschismus ist immer eine
dezidiert antiliberale Ideologie: Der
Mensch soll sich einem autoritären Staat
unterwerfen und im Kollektiv der Volksgemeinschaft
aufgehen. Dagegen stehe
ich – egal aus welcher Richtung der faschistoide
Eintrag kommt. Unser Grundgesetz
bietet uns eine sehr gute Grundlage,
auf der wir gemeinsam unsere pluralistische
Gesellschaft weiter entwickeln
können.
Lieber Thorsten Brockmann, danke also
für Ihren Text, auch wenn seine Absichten
unfreundlich sind. Ich möchte Ihnen
gerne anbieten, einmal mit mir in das
Abenteuer der Faktenprüfung einzusteigen.
Wir könnten gemeinsam die Quellen
bewerten, unsere Ideen dazu austauschen
und finden vielleicht weitere und
andere Zugänge zu den Ereignissen. Es
könnte spannend sein, wenn man das
Thema aus zwei unterschiedlichen Perspektiven
betrachtet.
Gäbe es derzeit irgendeine besondere
Gesundheitsgefahr, würde ich mich verabschieden
mit: „Bleiben Sie gesund“
oder: „Achten Sie auf sich“. Da aber alle
Zahlen im grünen Bereich sind und
selbst ein alter Asthmatiker wie ich sich
keine Sorgen machen muss, verbleibe
ich schlichtweg
mit freundlichen Grüßen.
Herzlich, Ihr Wolfgang Jeschke
IHRE FRAGEN –
MEINE UNBERÜCKSICHTIGTEN
ANTWORTEN – AUS UNSEREM
TELEFONAT VOM 02.09.2020
In unserem Telefonat hatten Sie gesagt:
„Auch Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn korrigiert seine Position und sagte,
dass man mit dem heutigen Wissen
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